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Mittwoch, 16.6.2010

Tag 8 - Schnee, Schnee, Schnee und ein hoch auf Wandermarkierungen

Reintalangerhuette → Knorrhuette → Gatterl → Hochfeldernalm → Seebenalm → Coburger Huette
Der Felsensteig hoch zur Knorrhuette
Ich bin wirklich froh, heil in der Coburger Huette angekommen zu sein. Heute waere es mir beinahe zuviel geworden bezueglich der Gefahren. In der Frueh erfolgte wie schon erwartet der Weckruf. Mit einer "Zwetschgn" tuedelte irgendjemand um 6:30 Uhr (Ich schaute nicht auf die Uhrzeit) jemand vor meinem Matratzenlager herum. Zum Glueck erfuhr ich, dass dieser Weckruf nicht verbindlich ist und man weiterschlafen darf. Perfekt. Einmal umgedreht und weiter pennen. Bisher lebe ich sowieso im Luxus. Noch NIE musste ich mir auf der bisherigen Strecke das Lager mit jemandem teilen! Heute ist das auch wieder so. Um kurz vor 8 stand ich dann schon relativ frueh auf, da die heutige Etappe doch sehr lange dauert. Morgen wird's dann wieder etwas chilliger. Als ich gerade ziemlich verschlafen die Treppen heruntertappte, waren die anderen gerade schon beim Aufbruch. Irgendwie hatte ich auch gar keine Lust, heute vor die Tuer zu gehen. Regen und Nebel stellten schlechte Wanderlust in Aussicht. Deshalb brauchte ich auch eine Stunde, um endlich aufzubrechen. Zaehneputzen, das Graffl zusammen packen, mein Lunchpaket holen, dass ich mir statt einem Fruehstueck bestellt habe. 2 Scheiben Brot, Kaese, Wurst, Mars, eine Gurke und ein Apfel. Perfekt. Den Apfel gab es bei mir zum Fruehstueck.

Die Knorrhuette
Dann ging auch diese Etappe fuer mich los. Da es staerker regnete, zog ich meine Regenjacke und auch meine Regenhose an. Der Regenschutz fuer Rucksack und Kamera ist mittlerweile selbstverstaendlich. Zuerst ging der Weg rechts der Partnach entlang, bis ich diesen Fluss ueber eine Bruecke ueberquerte. Dann ging es fast querfeld ein durch eine unwirklich wirkende Landschaft. Erst ueber kleine Auslaeufer von Quellen, die fuer mich unueberscindbar erscheinen, wenn erst einmal mehr Wasser darin fliesst. Die Sicht war zwischen 30 Metern und 80 Metern, was mir auch ziemlich die Laune vermieste. Ich wollte unbedingt sehen, was mich umgibt. In der Hoffnung, dass sich die Sicht verbessern wuerde, hatschte ich weiter. Wieder ueber ein paar Quellfluesse der Partnach ging es bald endlich steil hoch. Da ich reichlich wenig sehen konnte, war mein einziges Ziel, schnell hoch zu kommen. Die Knorrhuette hatte aufgrund ihrer Renovation zwar geschlossen, aber vllt. kann man sich in die Gaststube setzen. Nach den ersten paar hundert HM fing auch mein Magen zu knurren an. Da waere die Knorrhuette genau der richtige Zwischenstopp. Ich kam relativ rasch voran. Entgegen der Meinung von Peter vor 2 Tagen war der Weg gut zu begehen und auch von der Steigung nicht zu schlimm. Zur Orientierung wusste ich, dass es ab der einzigen Abzweigung die lt. Karte existierte nur noch ca. 300 HM zur Knorrhuette war. Nur stellte sich die Frage, ob das auch die richtige Abzweigung war, an der ich angekommen war. Nach rechts zeigte irgendein Pfeil nach rechts mit irgendeinem unleserlichen Gekrakel. Die Alternative war das Schild, auf dem "Felsensteig - Knorrhuette" stand. Zwar war dieser Weg in der Karte nur gepunktet (wenn das der Weg ist), aber Markierungen schienen vorhanden zu sein und er fuehrt auch wirklich zur Knorrhuette [das war ja angeschrieben]. Der linke Weg fuehrte dann auch ueber felsiges Gelaende, aber das haette der andere wohl auch. Bald kam ich auch bei einem kleinen Brunnen vorbei, was mir bestaetigte, dass ich jetzt auf der gepunkteten Strecke unterwegs bin [In der Wanderkarte war der Brunnen verzeichnet]. Bald stiess ich auch wieder auf die ersten Schneefelder, die ich zu meiner Freude nicht betreten musste. Die Knorrhuette erwartete ich nach jedem kleinen Buckel, den ich wieder ueberschritt. Kleine deshalb, weil meine Sicht einfach nicht fuer mehr ausreichte. Dann wusste ich auch, warum es Felsensteig hiess: Der Weg verlief weiter oben ueber einen oder mehrere Felsen. Dann kam ich an der Gabelung heraus. Gabelung?!? Ich will doch zur Knorrhuette! Ein Blick auf die Karte zeigte dann, dass hier einfach nur die vorherige Abzweigung nach rechts hier wieder dazu kam. Ein paar Meter spaeter tauchte dann auch die Knorrhuette aus dem Nebel auf. Meine erste Frage, ob ich mich reinsetzen duerfte wurde verneint, da drinnen alles zustehen soll. Dann wurde mir noch gesagt, dass die vier anderen Wanderer vor 15 bis 20 Minuten vorbeigekommen sind.

Der "Weg" zum Gatterl
Jetzt geht's auf Richtung Gatterl. Lt. Karte fuehrt der Weg meistens auf gleicher Hoehe. Das sollte also kein Problem sein. Ohne Pause und damit auch Nahrungszunahme lief ich eilig los. Einer der Arbeiter sagte, dass ich gleich unten bei der Huette entlang soll, was ich auch machte. Unter der Huette sah ich auch ein kleines Haeuschen mit seltsamen gelben Netzen, die darin aufgehaengt waren. Etwa ein Pausenraum fuer mich? Als ich 2 Meter davorstand, traf es mich dann wie einen Schlag. Ein Geruch kam mir entgegen wie von 100 Klaeranlagen. Das scheint also die Verpackungsstation komprimierter menschlicher Ueberreste zu sein. Da es immer noch nieselte und auch der Wind etwas ging, war eine Pause auf freier Flaeche ausgeschlossen. Anfangs fuehrte der Weg noch schoen entspannt auf sicherem Untergrund. Bald fing es dann an, ueber kleine Schneefelder zu gehen. Alles kein Problem, alles schon gemacht. Manchmal waren dann die Schneefelder dann auch im Hang selbst. Das war auch noch kein Problem. Das Ende des Bretts war in Sicht und schlimmstenfalls (vorausgesetzt, ich rutsche Fussabwaerts) haette ich mir ein Bein gebrochen. Dafuer finde ich dann auch noch eine Loesung. Zelt aufbauen, pfeifen, auf andere Wanderer hoffen, etc.... Angst hatte ich aber schon, weil ich hier alleine unterwegs war. Wo die anderen 4 Wanderer waren, wusste ich nicht, weil sie hier keine Spuren im Schnee hinterliessen. Dann kam ich endlich an die Stele, die fuer mich anzeigte, 2/3 des Weges von der Knorrhuette bis zum Gatterl geschafft zu haben. Irgendein Kreuz stand vor mir, bei dem wohl einige Leute ein Stossgebet zum Himmel fahren lassen. Etwas aehnliches haette ich am liebsten auch gemacht, wenn ich an die Reststrecke zum Gatterl denke. Vllt. kam mir die Strecke aber auch nur so schlimm vor, weil ich so wenig Sicht hatte. Als erstes Problem kam auf, dass der Weg nun ueber weite Strecken hinweg mit Schneefeldern uebersaeht war. AAh! Meine erste halbe Bier fuer heute! Doch zurueck zum Weg. Statt ueber die Schneefelder zu gehen, versuchte ich wenn moeglich, diese ueber Felsen, die aus dem Schnee ragten, zu umgehen. Dank der vorzueglich gesetzten Markierungen war es kein Problem, den richtigen Weg wieder zu finden - auch bei Nebel [Ich umging die Felder immer bergaufwaerts, abseits des richtigen Weges]. Wann immer ich ein Schneefeld queren musste (jetzt waren diese weitaus tiefer als die vorherigen), benutzte ich meine Wanderstoecke um den Schnee zu sondieren. Ca. 3 Mal ist das sondieren fehlgeschlagen, sodass ich Knietief einbrach. Meine Regenschutzhose erwies sich hierbei als perfekter Gamaschenersatz. Nach jedem Einbruch rueckte ich sie wieder zurecht und so hatte ich fast keine nassen Fuesse. Dann fing es aber an, dass der Weg happig wurde. Sackrisch steile Schneebretter, bei denen ich bei einem Fehltritt wohl auf nimmer wiedersehen im Nirvana verschwunden waere. Da vorhin fuer eine Minute die Wolken bzw. Nebeldecke aufriss konnte ich einen Blick auf das Gatterl oder zumindest auf den naheliegenden Grat erblicken, der einfach nur steil erschien. Sau steil. Aehnliche Gefuehle wie bei dem Ueberqueren dieser Bretter kannte ich bisher nur bei einem Gewitter in den Bergen, bei der ich nahe dem Grat oder einer Erhoehung unterwegs war. Schritt fuer Schritt schlug ich meine Tritte fest. Oft schlug ich 5 Mal oder mehr den Schuh in den Schnee, mit der Kante oder der ganzen Sohle wenn es moeglich war, um mir einen sicheren Stand zu verschaffen. Wenn der Stand etwas unsicher wurde, schlug ich mehrmals meinen rechten Wanderstock in den Schnee, um ihn tiefer hineinzurammen um im Falle der Faelle noch einen Nothalt zu haben. Keine Ahnung, ob das etwas gebracht haette, aber mir verschaffte es eine gefuehlte Sicherheit. Zwei von diesen Brettern hatte ich ueberquert, den Spuren derer folgend, die hier vor ein paar Tagen unterwegs waren. Wegen dem Regen in den letzten Tagen war der Schnee mittlerweile deutlich fester. Nach diesen 2 Brettern hoffte ich nur noch, dass das das letzte Mal war, dass ich so etwas ueberqueren musste. Dann ging es steiler hoch, aber ohne Schnee und ein paar Minuten spaeter oder eine Ewigkeit erreichte ich endlich (endlich!!!) das Gatterl. Ich kann gar nicht beschreiben, wie froh ich darueber war.

Das Gatterl
Ab dem Gatterl ging es dann drahtseilgesichert etwas herunter - ohne Schnee. Ich konnte ab diesem Zeitpunkt keinen Schnee mehr sehen. Zu meiner Verwunderung ging es nach dem ersten bergab wieder bergauf. Fuck! Da hatte ich etwas uebersehen. Ich musste noch ueber das Feldernjoechl. Eigentlich ging ich davon aus, dass auf der Suedseite wegen der Sonne fast kein Schnee mehr liegen wuerde. Darin taeuschte ich mich aber. Wegen den benachbarten kleineren Gipfeln schien hier die Sonne ihrer Macht beraubt worden zu sein. So stand ich erneut vor einem Schneefeld, wobei ich dieses Mal das Ende sehen konnte. Nach ein paar Teststapfern, bei denen ich fast keinen Stand aufbauen konnte, beschloss ich vorsichtshalber meine Steigeisen anzusiehen. Nach der Haelfte wurde dann der Schnee wieder weicher, aber fuer die erste Haelfte bekam ich das von mir gewuenschte Gefuehl der Sicherheit. Das war dann hoffentlich das letzte Mal fuer meine Wandertour, dass ich so etwas mitmachen musste. Beim Erreichen des Feldernjoechl schien dann endlich die Sonne ihre Wirkung entfaltet zu haben. Bis auf kleine Schneeansammlungen auf ebenen Flaechen oder an nicht zu bewandernden Stellen behinderte mich kein Schnee mehr. Der Nebel verschwindete auch kurzzeitig und ermoeglichte einen kleinen Ausblick. Dann ging alles schnell. Ich wollte nur noch bergab. Ueber einen geroellbeladenen Weg liess ich die Masse von mir und meinem Rucksack wirken und ging schnellstmoeglich ab. Auf dem Weg traf ich noch 3 Wanderer, mit denen ich ein wenig Smalltalk hielt. Einer von denen war ein Berglaeufer, der schnell weiter nach oben wollte. Einfach verrueckt. Ich will das auch koennen!!! Im Nebel gelangte ich dann auch zur Abzweigung, die aber keine war. Ein Pfeil Richtung Pestkapelle, an der ich vorbei musste/wollte zeigte querfeldein in ein von Kuehen zertrampeltes Grasfeld. Ein paar Schritte in dieses Feld wagte ich und kehrte dann wieder um. Ich bin schon mal in ein Schlammloch bis zur Wade reingestiefelt. Dann war der ganze Innenschuh voll Matsch. Deshalb ging es doch gerade aus, was doch der Weg war, den ich urspruenglich nehmen wollte [also der Weg zur Pestkapelle. Das Schild zeigte etwas vom Weg ab.]. Deswegen kam ich bald bei der Hochfeldernalm heraus um auch darin einzukehren [Beinahe waere ich wg. dem jetzt wieder sehr dichten Nebel daran vorbeigelaufen]. Radler + eine Suppe mit selbstgemachten Speckknoedel. Lecker! Wobei die Suppe dazu gedacht war, mich aufzuwaermen.

DIE Bruecke!!!
Gut gestaerkt (mein erstes Essen nach dem Apfel!!!) schmiss ich wieder meine nasse Regenjacke ueber meinen heute nur mit einem T-Shirt bekleideten Luxusoberkoerper und hatschte los. Die Regenhose hing in der Regenhosentasche verstaut griffbereit an meiner Kameratasche. Dann begegneten mir beim Ausgang der Alm die 2 anderen, die auch zur Coburger Huette wollten. Die waren nach mir hier, weil sie noch bisschen mit den anderen Richtung Zugspitze hoch wollten (ab der Knorrhuette). Ueber eine Forststrasse und einem Abstechen querfeldein um die Kehre der Kurve nicht laufen zu muessen, erreichte ich schon bald die Pestkapelle und kurz darauf auch den Knappensteig, welcher eine willkommene Abwechslung zur Forststrasse darstellte. Wie schoen koennen Waelder sein... ohne Schnee!!! Nochmal etwas Forststrasse, ging ich auf dem Wanderweg zur Seebenalm, statt auf dem Forstweg weiterzulaufen. Anfangs mit Beton bepflastert, war der Weg bald wunderschoen. Nur das hoch und runter nervte, aber was soll's. Die Seebenalm selbst war auch in Nebel eingehuellt, sodass ich das Haus erst dann sah, als ich in der Einfahrt stand. Da es nur noch 1 h zur Coburger Huette war, ging ich aber gleich weiter entlang der Forststrasse, auf der ich mich jetzt wieder befand um diese wieder nach ein paar weiteren Metern zu verlassen. So kam ich in den Genuss, wieder einen plaetschernden kleinen 2 Meter Wasserfall betrachten zu duerfen. Wieder ein paar Minuten spaeter kam ich dann am Seebensee heraus. Wieso heissen ueberhaupt alle Gipfel und Seen anders? Von diesem See war aber nur wenig zu sehen. Echt toll. Vllt. 30 Meter Sicht, sodass ich nur das Ufer betrachten konnte. Entlang des Sees verfolgte ich das heutige Reststueck der Forststrasse und kam bei dem Materiallifthaeuschen an. Jetzt sind's nur noch 250 HM! Zuerst ueber flaches Gruenland ging es bald sehr steil serpentinenmaessig und ich ging wieder zu meiner 1 Schritt, einatmen, 1 Schritt, ausatmen "Technik" ueber und kam endlich auch bei der Huette an. Natuerlich im Nebel gelegen.

Abendstimmung bei der Coburger Huette
Die Huette war gut beheizt. Einfach herrlich! Als Essen gab es Spaghettis. Kohlehydrate sind ja auch fein. Mit dem W-LAN konnte ich auch ein paar kostenguenstige Anrufe erledigen. Solange auf den Huetten noch so wenig los ist, beziehe ich mein Lager immer erst ganz zum Schluss und breite mich komplett an einem Tisch aus. Am Abend ist endlich auch die Wolkendecke aufgerissen und ich hatte einen herrlichen Ausblick auf den See direkt unter der Huette auf den See, an dem ich zuvor vorbeigelaufen bin und auch auf das Zugspitzgebirge!!! Wobei die Zugspitze selbst nicht sichtbar war.

Nachtrag: Der Weg abseits des Wanderweges von der Knorrhuette zum Gatterl war einfach nur zugemuellt!!!