Zu Tagebuch Eintrag
1  2  3  4  5  6  7  8  9  10  11  12  13  14  15  16  17  18  19  20  21  22  23  24  25  26  27  28  29  30  31  32  33  34  35  36  37  38  39  40  41  42  43  44  45  46  47  48  49  50  51  52  53  54  55  56  57  58  59  60  61  62  63  64  65  66  67  68  69  70  71  72  73  74  75  76  77  78  79  80  81  82  83  84  85 
 

Dienstag, 6.7.2010

Tag 28 - Was fuer ein Touristenscheissdreck!

Stilfs → Wildgehege → Furkelhuette → Stilfser Joch (Hotel Perego)
Noch ein Blick auf Stilfs
Der heutige Hatsch war sehr gemuetlich - trotz teilweise fehlender Wanderkarte. Die gestrige Nacht war anfangs nicht so schoen, weil ich ab 12 Uhr als ich schlafen wollte, nicht mehr vom Lokus herunterkam. Erst, als ich 2 Pillen Immodium einschmiss, hielt ich dicht. Schlecht war's mir auch noch. Trotzdem fand ich noch etwas Schlaf. Weil ich die Ohrstoepsel sehr hasse, stopfte ich mir nur einen in das Ohr, das gerade nach oben zeigte. Beim Umdrehen wechselte der Stoepsel dann seine Seite wenn ich durch Horsts Forstbetrieb aufwachte. Ziemlich kaputt wachte ich auf in der Hoffnung, dass ich aufgrund meines gestrigen Fluessigkeits- und Energieverlustet die heutige Etappe schaffen werde. Das Fruehstueck bot alles, was das Herz begehrte. Angefangen von Ei bis hin zum Obstsalat war alles geboten. Jedoch brachte ich nicht viel rein. Etwas schlapp startete dann die Etappe um 8:45 Uhr. Ich fuehlte mich nicht so prickelnd, aber es ging ja nur 1500 HM hoch.

Das Wildgehege
Den Weg Nr. 7 machte ich schon Gestern auf der Suche nach einer guenstigen Unterkunft ausfindig. Auf diesem ging es die ersten paar Minuten wieder sehr steil hoch. Man hatte noch einmal die Gelegenheit, auf Stilfs herabzuschauen, auf die in den Hang gebauten Haeuser. Nach dem steilen ersten Stueck ueber einen etwas zugewucherten Weg kam ich bei einer Strasse heraus, an der ein paar Wegweiser zu finden waren. Zwar sagte mir kein Wegweiser etwas, aber ich hatte mir aus dem Via Alpina Guidebook die Wegnummern notiert und diese fand ich. So ging es in einer gemuetlichen Steigung entlang einer Strasse, die fast nicht genutzt wurde. Nur alle paar 10 Minuten fuhr ein Auto entlang. Die naechsten Wegweiser zeigten den Wanderweg 2 in 2 Richtungen an. Einer steil hoch, der andere folgte weiter der Strasse. Horst und ich waren uns schnell einig, auf der Strasse zu bleiben, da diese genau in die Richtung des Stilfser Jochs fuehrte. Das Wetter wurde heute als gut gemeldet, jedoch tummelten sich bereits viele schwarze Wolken wie ein Damokles-Schwert am Himmel. Die Strasse endete bald in eine Forststrasse, die nach rechts oben fuehrte, einem Wanderweg nach unten, der sowieso nicht in Frage kam weil er eben nach unten fuehrte und einem Weg, in den kein Wegweiser zeigte. Da dieser allerdings in die gewuenschte Richtung zeigte, gingen wir diesen entlang. Sehr steil ging es wieder hoch, bis zu einer Kuhweide auf der ich das Gefuehl hatte, dass mich die paar Kuehe wieder sau bloed anschauten, was mir natuerlich nichts half.

Die ganze Zeit konnte man den Ortler bewundern
Manchmal waere es schon schoen, mit Kuehen reden zu koennen... Da es von hier aus nicht weiter ging, schaute ich ins Via Alpina Guidebook um vllt. einen entscheidenden Rat zu bekommen. Das brachte aber auch nix. Also wieder zurueck zur letzten Abzweigung um doch entlang der markierten Forststrasse weiter hoch zu laufen. Auf einem Wegweiser stand dann auch Gehege, was wohl das im Fuehrer erwaehnte Wildgehege sein duerfte. Nach einer viertel Stunde stand ich auch davor, nur war im soweit einsehbarem Gehege kein Wild sichtbar. Egal - weiter. Auf einer Forststrasse ging es weiter. Endlich war der Weg auch mit Furkelhuette ausgeschildert - der Zwischenstation fuer heute. Auf diesem Weg sah ich dann auch auf die 30 HM tiefer gelegene Wiese herunter, auf die ich mich "verirrt" hatte. Mist. Aber von oben hat man in diesem Fall halt einfach einen besseren Ueberblick. Die Forststrasse schlaengelte sich mit vielen Serpentinen nach oben, wobei ich teilweise Nutzen von dem manchmal markierten Abkuerzungen in Form von kleinen Trampelpfaden [machte], die schneller nach oben fuehrten. Und schon stand ich bei der Prader Alm, von der es nur noch 200 HM zur Furkelhuette hoch waren. Der Ortler war jetzt schon in seiner ganzen Pracht zu sehen. Wie ein unwirkliches Etwas, lebensfeindlich und steinern stand er vor mir. Auf dem restlichen Hatsch zur Furkelhuette freute ich mich darueber, dass so viele Menschen bis dort hoch und jetzt herunterlaufen.

Die Wegwarte, die den Weg rechen :-D
Als ich dann bei der Huette ankam, wurde mir so einiges klarer. Wieder so ein scheiss Lift! Darf das denn wahr sein, dass man nicht mal das kleine Stueck vom Wildgehege bei dem ein Parkplatz war bis hier hoch laufen kann?!? Bei der Furkelhuette pausierten wir erst einmal. 2 Spezi und eine Gulaschsuppe gab es zur Staerkung. Endlich hatte ich wieder Hunger - ein Zeichen dafuer, dass das Geschehnis des gestrigen Abends kein Problem darstellte. Auch der Anstieg verlief problemlos. Zur Erholung und wie bei fast jeder laengeren Pause zog ich meine Schuhe aus. Das stellte sich aber als nicht sehr gut heraus, da die Planken bei der Alm [nein, Huette] voller kleiner fieser Spieschen waren. Einer davon steckte schon bald in meinem grossen Zeher. Zum Glueck konnte ich ihn als ganzen herausziehen, sonst haette ich herumdoktorn muessen. Das Spezi half auch meinem Magen. Nur Horst ging es heute nicht so gut. Der hatte zwar keinen Durchfall, aber in seinem Magen rumorte es. Irgendwas falsches hatten wir Gestern gegessen, nur was ist unklar und wird das auch fuer immer sein. Da die Wolken immer tiefer herunterkamen und dunkler wurden, fragte ich vorsichtshalber bei der Huette nach, ob wir zur Not hier zelten duerfen. Die meinten, dass es ok ist, wenn wir die Kuehe nicht stoerten :-). So ging es weiter, zuerst gemuetlich bergauf, dann nochmal richtig steil hoch um dann leicht steigend bis zum Stilfser Joch zu laufen. Auf genau diesem Weg liefen mir sehr viele Grattler ueber den Weg. Saemtliche Leute fahren anscheinend mit dem Bus hoch zum Joch um anschliessend herunter zu laufen! Schon alleine [den] fetten Weibern muesste es klar sein, dass das Herunterlaufen vor allem fuer Ihre Knie toedlich sein muesste und fuer ihre Masse waere es sicher auch hilfreicher, wenn sie hochlaufen wuerden. Als ich fuer eine Gruppe Frauen den Weg frei machte, fasste mir eine in meine Kniekehle und fragte, ob sie kalt sei. Ich antwortete darauf ganz gemaess meiner eigenen Erfahrung: Ja mei, dann musst du halt schneller laufen :-). 2 Wegwarten lief ich auch ueber den Weg, die tatsaechlich den groben Kies von den Steinplatten mit einem Rechen entfernten! Schon seltsam, was hier vor sich geht. Der Ortler verbarg sich immer weiter hinter einer Wolkendecke und ich naeherte mich immer mehr dem Stilfser Joch. Eine grosse Beruhigung hatte ich: Wenn solche Grattler hier herunterkommen, kann es auch kein Problem mit Schnee fuer mich geben. Zwar waren kleine Schneefelder zu queren, aber nix besonderes.

Der viele Schnee sollte mich auch noch die naechsten Tage verfolgen
Was besonders war, war der Anblick der Ruinen der Versorgungslager hier oben in einem Krieg [ - also gebaut fuer/in einem Krieg]. Wenn ich mir ueber die Umstaende Gedanken mache, unter denen die Soldaten hier auch im Winter aushalten mussten, wird es mir ganz schummrig. Das Stilfser Joch erreichte ich ueber eine Art kleine Burg, bei der wir uns ueberlegten, einzukehren. Jedoch hielt uns ein Bierpreis von 5 € davon ab, obwohl die "Burg" noch auf italienischer Seite stand. Stattdessen entleerte ich die Ueberbleibsel von Gestern Nacht in einer Toilette, die man nicht zusperren konnte. War ja klar, dass ich dabei gestoert wurde! Danach ging's rueber zur Tibethuette, von der ich mir vieles erwartet hatte. Warum das Ganze ueberhaupt Huette heisst, ist mir schleierhaft. Das ist keine und wird auch nie eine Huette sein! Auch den Namen "Tibet" konnte ich mir nicht erklaeren. Weder gab es hier etwas tibetisches, noch sprach hier jemand chinesisch. Eine Uebernachtung gab es hier fuer 40 € lt. Aussage der Bedienung, die wohl die Chefin war. Drinnen fragte ich dann den Chef, der meinte 35 € mit Fruehstueck, 45 € mit Halbpension. Als ich spaeter die Bedienung fragte, was es zur HP geben wuerde sagte sie, dass es diese heute nicht geben wuerde. Ist ja super, wenn die linke Hand nicht weiss, was die rechte macht. Es gab keine HP, weil der Koch frei hat. D. h. es gibt auch kein Abendessen hier auf der Huette, die rein gar nichts mit Tibet am Hut hat. Also weiter.

Was fuer eine verfluchte Scheisse die Menschheit hier angestellt hat...
Beim 2-ten Hotel Perego handelte ich ein Doppelbettzimmer fuer 45 € aus. Das ist soweit ganz ok und entspricht auch dem Preis von der Tibet Huette, obwohl die Bedienung meinte, dass die Hotels viel teurer waeren. Beim Duschen wurde mir dann bewusst, dass ich hier auf ueber 2700 Metern heiss duschen konnte!!! Nach etwas Entspannung auf meinem Bett ging's zum Abendessen. Ein 4-Gaenge Menue wartete auf mich. Salat, Nudeln, Wurst und Nachspeise. So laesst es sich leben! Etwas wichtiges hatte ich vorhin vergessen zu erwaehnen. Beim Blick von der kleinen Burg herab auf das Stilfser Joch haette es mir beinahe die Sprache verschlagen. Hier oben stehen zig Hotels, Imbissstaende, Verkaufsstaende und sonst jeder Muell, der ein Joch auch nur verschandeln kann. Ich finde es richtig schade, dass es hier keine richtige Huette gibt. So ein Touristendorf haette ich nie im Leben erwartet. Das hier ist kein Joch sondern eine zugemuellte Plattform!