Zu Tagebuch Eintrag
1  2  3  4  5  6  7  8  9  10  11  12  13  14  15  16  17  18  19  20  21  22  23  24  25  26  27  28  29  30  31  32  33  34  35  36  37  38  39  40  41  42  43  44  45  46  47  48  49  50  51  52  53  54  55  56  57  58  59  60  61  62  63  64  65  66  67  68  69  70  71  72  73  74  75  76  77  78  79  80  81  82  83  84  85 
 

Sonntag, 18.7.2010

Tag 40 - Traumhaftes Wetter, Mein erster Kacktus

Selma → Landarenca → Pioev di Fuori → Baitta di Pianca Geneuia → Alpe de Oerz → Passo del Mauro → Cava UTOE
Natuerlich benutzte ich keine Gondel... aber ueber den Schatten war ich froh.
Diese Nacht war richtig erholsam. Es war schoen kuehl. Ich liess das Fenster komplett offen bis ich aufwachte, weil es zu kuehl wurde. Mit gekipptem Fenster und einem Blick hoch in einen sternenklaren Himmel schlief ich wieder beruhigt ein. Als Fruehstueck bestellte ich mir nur eines mit Marmelade. Nachdem mein Wecker um 6:30 klingelte und ich mein morgentliches Standardprogramm absolviert hatte, ging's runter. Milch mit Honig und Marmeladenbrot sowie ein Joghurt und Kaese sollten genug zur Staerkung beitragen. Am Tag zuvor durfte ich mich auch am Kuehlschrank bedienen. 1 Liter Multi-Saft, 1 Bier und 1,5 Liter Rivella wurden es am Schluss. Mein Koerper schrie regelrecht nach Fluessigkeit! Weder trank ich viel, noch rauchte ich wie gestern eine Zigarette zum Bier. Die heutige Tour versprach naemlich hart zu werden. Nach einem morgentlichen Plausch mit der Herrin des Hauses musste ich leider weiter. Gerne waere ich laenger geblieben aber das Wetter war zu verlockend. Kein Woelkchen war am Himmel zu sehen!

Der gemuetliche Weg hoch.
Zuerst musste ich wieder zum Ristorante von gestern runter. Dort wuerde auch eine Bahn hoch nach Landarenca gehen um die 350 HM schneller und kraftsparender zu ueberwinden, aber ich muss ma ein Wander-Purist sein :-(. Der Weg verlief aber gemuetlicher als erwartet hoch. Schon fast eine Autobahn war das. Da ich mich tief im Tal befand, hatte es die Sonne noch nicht geschafft den Weg direkt zu bescheinen. Auch ein starker Wind blies. Fuer mich waren das die perfekten Voraussetzungen, um ohne zu Ueberhitzen aufzusteigen. In einer halben Stunde war ich dann auch in dem idyllischen Doerfchen, das nicht mit dem Auto erreichbar ist. Dementsprechend klein waren die kleinen Gaesschen. Irgendwie erinnerte mich das ganze an China und den vielen kleinen Gaesschen, in denen ich mich herumtrieb. Nach diesen ersten 350 HM ging's auch schon weiter. Nur wohin? Am Wegweiser war nicht viel abzulesen, weshalb ich mich fuer den in die Richtung Cauco entschied. In diese Richtung musste ich naemlich.

Der Weg bei dem kurz davor seit mir ein Kacktus steht :-)
Vorbei an der Gondelstation, welche ich mir von innen ansah ging es gleich links hoch. Mein Magen grummelte allmaehlich seltsam. Ich hoffte, dass nichts boeses anstand. Ein paar HM hoeher stand ich vor der naechsten Abzweigung, bei der der Wegweiser nur Richtung "Lego" zeigte. Die Richtung passte ja auch ungefaehr, also weiter in der Hoffnung, dass mein Darm nicht ueberquillt und ich das ueberfluessige Wasser rausschwitze. Alle Anstrengung half aber nichts und mir blieb wg. dem schlagartigen Beduerfnis nichts anderes uebrig, als mitten neben den Weg einen klitze kleinen Kacktus zu pflanzen, da ich gerade in einem steilen Hang war [Tja, das gehoert nunmal auch beim Weitwandern dazu]. Erleichtert ging es weiter. Wegen dem vorherigen seltsamen Wegweiser schaute ich nochmal auf meine Karte und in die Umwelt. Hinter mir und etwas erhoeht duerfte eigentlich kein Dorf sein. Da fiel mir auf, dass ich mich wohl auf einer der schwarz gestrichelten Linien auf der Karte befinde. Zwar koennte ich spaeter wieder zurueck auf die Via Alpina ueber einen Wanderweg, aber gerade an dieser Stelle wo ich gerade stand schien ein Trampelpfad nach links oben abzuzweigen. Also auf!

Ist das nicht schoen? Nicht gerade, alles Natur, alles gruen (auch wenn ich Stein oft auch mag).
Die ca. 60 HM waren mit dieser "Abkuerzung" schnell erledigt. Seit Landarenca erleuchtete mich die Sonne auch wieder. Zusammen mit dem Wind war das aber kein Problem. Der Weg fuehrte jetzt auch durch den Wald. Anhand der topografischen Karte versicherte ich mich auch, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand. Ich wollte unbedingt einen Verhatscher verhindern, da ich insgesamt 1700 HM hoch musste. Der Wind liess allmaehlich nach. Vllt. war das nur ein Morgenphaenomen wegen den steilen Haengen und der Erwaermung durch die Sonne. Weitere 400 HM hoeher kam ich auf einer Baumfreien Flaeche heraus und konnte mir auch anschauen, ueber welche Scharte ich bald rueber musste oder zumindest in welcher sichtbaren Hoehe, da wohl der Uebergang etwas verdeckt war. Nach ein paar weiteren Hatschern durch das letzte Stueckchen Wald fuer heute stand ich vor der bewirtschafteten Pioev di Fuori, bei der ich vorsichtshalber nachfragte, wo es zur Alpe de Oerz geht. Die kannten auch nur den Uebergang Baita di Pianca, aber nicht die Alpe. Sowas hatte ich schon oefters erlebt, dass Leute von der Alm nicht wissen, was hinter dem naechsten Kamm ist. Auf Nummer sicher konnte ich jetzt beruhigt den Markierungen nach links weiter folgen.

Die laufenden Schweinshax'n!!!
Einen Wegweiser fand ich hier naemlich nicht. Als ich weiter ging, kamen ploetzlich Schweine von einem kleinen Durchgang an der Mauer rausgelaufen. Schon musste ich an eine saftige Schweinshaxe denken! Das werde ich aberdie naechste Zeit wohl nicht bekommen :-(. Gentechnik sollte dazu verwendet werden, Schweine mit 6 oder 8 Haxen zu designen! Jetzt standen noch 500 HM bis zum Uebergang an. Entgegen meiner gestrigen Befuerchtung war es nicht einmal schwuel! Zum Uebergang ging es die erste Zeit ueber eine gruene huegelige Landschaft hoeher und hoeher. Bisher fehlte es mir auch nicht an der Kondition. Wahrscheinlich liegt das wirklich mit der Wegbeschaffenheit zusammen, die bisher exzellent war. Desto naeher ich dem Uebergang kam, desto schwieriger wurden diese. Die gruenen Flaechen nahmen ab und die Markierungen leiteten mich direkt in eine Schneise rein, die voll mit Geroell war. Den Uebergang vor Augen hetzte ich hoch. Diesen Weg hatte ich mir wirklich einfacher vorgestellt. Etwas kaputt erreichte ich ihn, was mir nicht viel ausmachte, da ich 300 HM tiefer sowieso Pause machen wollte. Zuerst genoss ich aber die unglaubliche Stille hier oben. Nicht einmal ein Vogel zwitscherte hier oben herum, man hoerte kein Auto, kein Flugzeug, kein Murmeltier. Einfach eine faszinierende Stille!

Da ging's ganz schoen steil hoch.
Der Abstieg war die erste Zeit etwas hart, da dieser ueber Geroellfelder mit zu grosser Koernung herabfuehrte. Da war leider kein Abfahren moeglich. Bis kurz nach dem zweiten und damit letzten Uebergang fuer heute hatte ich jetzt kein Kartenmaterial mehr und musste nach den Skizzen gehen [Abgeschmiert von der VA Website]. Den vermeintlichen UEbergang "Passo del Mauro" konnte ich aber bereits sehen. Nach dem Geroellfeld, auf dem es mich tatsaechlich einmal hin schmiss kam ich wieder etwas ins Gruene und wollte mal mit ein paar Schritten links vom Weg ab um zu schauen, wie dort unten der Fluss aussah, da ich sein Rauschen hoeren konnte. Etwas ueberrascht ging ich schnell zurueck. Ich stand hier an einer Stelle, an der es links senkrecht bergab ging [Das war wg. Grasbuescheln schwer zu sehen]. Da wollte ich auf einer Grasflaeche nichts riskieren.

Ungefaehr in der Mitte des Bildes ging's ueber den Berg rueber... doch all zu viele HM hatte ich nicht mehr zu schaffen.
Die Alpe de Oerz auf 2006 HM hatte ich auch bald erreicht und damit fing die Zeit fuer eine Pause an. Schuhe aus, Socken aus, Fressi Fressi raus, 1/2 Liter Mineralwasser raus und relaxen. Die 2 Wurstdosen, die ich seit Tagen mit mir schleppte, verputzte ich jetzt, wobei sich sein Inhalt als Fleisch in Gelee herausstellte. Diesen Mist schleppte ich tatsaechlich die ganze Zeit mit mir rum. Aber weggeworfen wird nix. Am Himmel war immer noch kein einziges Woelkchen zu sehen. Eine gute Stunde lag ich herum. Wegen den Problemen mit meinem Ruecken dachte ich mir, dass vllt. die Steigeisen schuld sein koennte, da ich sie vor Wochen ganz unten ins Schlafsackfach legte, womit der Schlafsack verstaerkt in den Ruecken drueckte. Deshalb wechselte ich die beiden Positionen. Hoffentlich wird es dadurch besser.

Die Alpe und das Joch wo ersichtlich ist, dass der Weg doch anders sein kann, als man ihn sich vorgestellt hat.
Eine Familie mit Kindern kam auch hier vorbei. Da wunderte ich mich schon, weil das doch ein schwieriger Weg ist fuer Kindern. Gerne haette ich mich noch weiter dem Nichts tun hingeben aber ich musste ja noch weiter zur Huette. Der Wegweiser zeigte mir auch den Weg an, dem ich zu folgen hatte, so wie es auch in meiner Skizze stand. Nach einer halben Stunde war ich dann doch etwas unsicher, da der Weg nicht wirklich hoch ging sondern nur den Hang entlang. Eine gscheite Karte haette mir hier schon etwas Erleichterung verschafft. Letztendlich ging es dann doch noch steiler nach oben, wieder ueber eine Mischung aus Gras und Gestein. Beim Blick nach Sueden fiel mir wieder auf, dass dort schon wieder die Berge aufhoerten. Jetzt bin ich praktisch schon wieder am anderen Ende! Hilft mir jetzt aber nicht viel, weil ich ja auf der Via Alpina unterwegs bin und nicht einfach ueber die Alpen gehe. Vom Pass war die Huette schon zu sehen. Ich ging davon aus, dass ich im Nu dort sein werde, doch darin sollte ich mich taeuschen.

Mal ausnahmsweise ein Bueddl von mia. Schuhe links von mir und man beachte die leckere leere Wasserflasche rechts von mir!!! Hmm... wie verwuchert ich wohl in Monaco angekommen bin wird mir erst jetzt klar.
Zuerst ging es steil ueber einen felsigen Weg runter bis ich auf steinigen Strecke heraus kam, die das Vorankommen sehr schwer machten. Ein paar Gruenflaechen brachten manchmal Abwechslung und schnelleres Vorankommen aber insgesamt war das Vorankommen [Vermutlich war das Schreiben dieses Satzes mit ein paar Schluecken Vino verbunden :-)] doch sehr traege und ich war richtig erleichtert, als ich von dem Geroellpart raus war. Vor mir war wieder einmal ein See, an dem sich 2 Leute tummelten. Leider erfuhr ich erst spaeter am Abend, dass man in diesem See gut baden kann, da er keinen Zufluss besitzt. Von der Huette war ich zuerst etwas geschockt, da viele Leute herumsassen und mir auch schon einige begegneten, die alles andere als Bergerfahren aussahen. Wie ich auch spaeter erfuhr, kann man bis 100 HM zur Huette hinfahren. Das ist zwar nicht erlaubt, scheint hier aber niemanden zu interessieren. Irgendwo soll auch stehen, dass hier die Anarchie herrscht :-).

Etwa in der Mitte ist die Huette und der Weg zu dieser dauerte deutlich laenger als gedacht.
Bei meiner Ankunft wurde ich herzlich begruesst und ich bestellte mir erst mal ein Bier, dann nochmal eines und nochmal eines. Als ich dann zu schreiben anfing war ich richtig platt, sodass ich meinen Kopf auf den Tisch legte und eine halbe Stunde einschlief. Beim Blick zurueck zum Passo del Mauro haette ich nie gedacht, dass dort ein Weg existieren wuerde, wenn ich ihn nicht selbst gegangen waere. Zum Abendessen gab es Salat, Polenta, Fleisch und noch eine Art Pudding als Nachspeise. Nebenbei prasselte ein offenes Kaminfeuer, dass extra angemacht wurde :-).

Sonnenuntergang bei der gemuetlichen Huette
Morgen geht es steil bergab. Nur 4 h stehen auf der Tagesplanung. Ich will vor allem meine Fleischvorraete wieder auffrischen und wenn moeglich eine neue Speicherkarte fuer die Kamera kaufen. Die dritte und letzte wird bis Adelboden (in 2 Wochen) wohl nicht mehr reichen. Das schoenste Heute ist, dass ich endlich wieder auf einer Huette bin!