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Montag, 19.7.2010

Tag 41 - Runter mit einer Treppe

Cava UTOE → Nadro → Biasca
Kurz nach dem Uebergang - Ab sofort ging's nur noch runter
So. Gestern Abend verzichtete ich mal wieder auf Alkohol. Ich glaube, dass das meinem Koerper nicht wirklich gut tut :-). Das wird sich aber bald wieder aendern! Kurz nach 7 war ich mit Ruedi beim Fruehstueck. Ruedi ist wohl ein Politiker aus Zuerich, mit dem ich mich schon gestern etwas unterhalten habe. Er hat mir viele interessante Dinge ueber die Schweiz und diesen Kanton erzaehlt. Zuviel, um es hier niederzuschreiben [Was aber besser gewesen waere da ich das meiste schon wieder vergessen habe :-(]. Besonders fasziniert mich hier, dass jeder 3 oder mehr Sprachen spricht. Teilweise springen die Leute hier oben in jedem Satz in eine andere Sprache. Wie schoen waere es, wenn ich auch mehr als Deutsch und Englisch sprechen koennte. Mit Italienisch haette ich es hier oft leichter. Das Fruehstueck war schlicht aber gut. Cornflakes, gutes Brot, Marmelade und Butter von der Alm weiter unten. Der heutige Trip versprach auch, entspannend zu werden. Gestern gab mir Ruedi den Tipp, anders abzusteigen, da der eigentliche Via Alpina Weg langweilig sein soll. Kurz nach 8 Uhr (Ich verratschte mich noch etwas) startete ich los, nachdem mich Mono, wohl der Huettenwirt, verabschiedete. Geschlafen hab ich wieder mal super. Quer legte ich mich wieder ueber mehrere Matratzen um volle Bein- und Kopffreiheit zu geniessen. Kurz vor 10 Uhr fielen mir gestern am Tisch schon beinahe die Augen zu, weshalb ich gleich ins Lager ging und nach wenigen Minuten einschlief.

Die kleine unbewirtschaftete Huette ganz weit oben - wer da wohl fruehers gewohnt hat?
Zuerst waren 200 HM Anstieg zu schaffen um ueber die Forcella di Lago zu steigen. Die Sonne schien mir in den Ruecken, was sich bald aendern sollte. Beim Uebergang blickte ich noch einmal auf die erste Huette seit einer Ewigkeit zurueck und machte mich an den Abstieg. Biasca, den Zielort unten im Tal auf nur 300 HM konnte ich noch nicht sehen, dafuer aber den See knapp 200 HM unter mir, an dem ich auch schon bald vorbei lief. Ueber weitere gemuetliche Wege ging es weiter bergab. Irgendwelche Steinboecke (oder etwas aehnliches) hielten sich auch ca. 20 Meter entfernt von mir ab [auf] und eine fette Raupe konnte ich auch sehen. Etwas Schnee war sogar hier noch, der ueber einen Fluss hing und mir den markierten Wanderweg versperrte. Da er unten drunter sicher stark unterhoehlt war, ging ich ein paar Meter tiefer ueber den schneefreien Fluss. Dann ging es doch noch teilweise steil bergab. Aus welchem Grund auch immer, schmiss es mich ploetzlich auf meine linke Seite. Zum Glueck aber nur auf einen glatten Stein. Die linke Hueftseite tat mir danach ordentlich weg, aber ich war schnell wieder auf den Beinen um weiter abzusteigen. Jammern bringt mir ja nix. Ich hoffe, dass die Sohlen meiner Schuhe noch 2 Wochen durchhalten. Durch ein kleines Stueckchen Wald gelangte ich zur "Alpe di Compiett", womit die ersten 700 HM Abstieg geschafft waren. Dort ueberholte ich eine aeltere Dame, die mit ihrem vermeintlichen Enkel unterwegs war. Bei einem kleinen Tor hing dann eine meiner Schlappen fest und [/weshalb] ich eine der Schlaufen [an diesem] abriss. Na toll. Das faengt ja gut an :-(.

Bissl zugewuchert war der Weg nach Nadro.
Irgendwo sollte jetzt der Weg abzweigen, den mir Ruedi gestern empfohlen hat, aber bei der entsprechenden Abzweigung war kein Schild und es fuehrte nur ein im Gras angedeuteter Weg. Da fiel mir ein, dass ca. 1 Minute hinter mir der Enkel mit seiner Oma unterwegs ist! Die fragte ich dann nach Nadro, worauf sie ihrem Enkel den Weg erklaerte. Beide sprachen nur italienisch und ploetzlich startete der Enkel los. Er trug auch Scarpa Schuhe. Er deutete mir an, dass ich ihm folgen sollte, was ich auch tat. Meist querfeldein schepperte er direkt ueber die Wiesen herunter, die noch leicht vom Morgentau feucht waren. Mit meinem grossen Rucksack und dem stark abgehatschtem Profil meiner Schuhe hatte ich ganz schoen Muehe, ihm nach zu kommen. 100 HM tiefer zeigte er dann in einen Trampelpfad hinein. Dann bedankte ich mich herzlich und startete in mein heutiges Abenteuer, einem unmarkierten Weg zu folgen. Eine topografische Karte hatte ich ja. Langsam ging der Weg den Hang entlang. Etwas zugewuchert war er ja, aber den Weg konnte man noch erahnen. Nach ein paar Minuten machte dann der Weg einen Haken, so wie in der Karte, was mich schon mal sehr erleichterte, weil vorher schon mal etwas Wegaehnliches nach rechts abzweigte. So kam ich bald in Nadro raus, was ich durch die Huette mit Materiallift erkannte. Weiter ging es rechts der 2 Haeuschen entlang und etwas rechts entlang des Materialliftes. Viele kleine Wege fuehrten ab, aber in der Karte war zum Glueck alles sehr detailliert eingezeichnet. So kam ich auch bei dem dritten kleinen Haeuschen raus und dem weiteren Materiallift. Irgendwie machte dar richtig Spass, nach der Karte zu navigieren.

Ein paar der vielen, vielen Stufen.
Wieder ging ein Weg rechts vor dem Haeuschen runter. Ohne eine solch detailierte Karte waere es nicht leicht gewesen, den Weg zu finden. Wie von Ruedi angekuendigt waren es bald richtige Stufen aus Stein, ueber die ich hinabstieg. Teilweise waren das nur Platten, teilweise fest betonierte Steine. Rechts von mir ragte schon ein unglaublich hoher Felsen nach oben, ueber [---] dessen Hoehenmeter ich bisher ueberwunden hatte, aber mit einem weitaus bequemeren Weg. Viele Stufen und kleinere Abschnitte ohne Treppen fuehrten jetzt steil runter. Biasca konnte ich bald auch schon sehen. Leider auch schon seit dem Uebergang des vermeintlichen Pass, ueber den ich morgen rueber musste, sodass ich saemtliche HM, die ich heute runter lief, morgen wieder hoch muss [Keine Ahnung, was ich damit meinte - vermutlich dass ich die vielen HM runter morgen wieder hoch muss]. Viele weitere Stufen spaeter und einen Blick nach oben war ich wieder einmal davon fasziniert, wo ich stand. Bis auf die Talseite stand ich vor fast senkrecht hochragenden Felswaenden, wobei ich von einer heruntergekommen war. Ruedi hatte recht, dass das ein unbeschreiblich schoener und vor allem interessanter Weg ist.

Blick herunter auf Biasca.
Biasca wurde immer groesser und die Stufen weniger. Bald war ich wieder auf einem "normalen" Wanderweg unterwegs. Einige Zeit spaeter versperrten mir dann auch noch doofe Ziegen den Weg, wobei ich 3 Jungtiere vor mir herscheuchte, was ich schon mal fuer eine schlechte Idee hielt wg. einem moeglichen Muttertier, aber es blieb mir nichts anderes uebrig. Schon bald folgte mir der Rest der Herde, wobei das vordere Tier, dass mir ausgewachsen schien, immer naeher kam. Irgendwann lies es auch einen seltsamen Ruf ab, bei dem ich stehen blieb und mich umdrehte. Ich wollte nicht, dass es mir in den Ruecken sprang. Nach kurzer Gehpause scheuchte ich nur noch 2 Tiere vor mir her. Eines hatte einen anderen Weg eingeschlagen und die anderen beiden folgten bei der naechsten Kehre auch nicht mehr dem Weg und ich konnte wieder schneller weiter. Die doofen Ziegen folgten mir dann auch nicht mehr. Statt direkt nach Biasca herunter zu gehen, ging ich noch zu einer Kirche rueber, die ich schon seit langer Zeit von oben sehen konnte. Rein ging ich aber nicht. Nach dem 1750 HM Abstieg taten mir schon ziemlich die Fuesse weh, aber ich brauchte noch eine Unterkunft. Nach etwas herum irren fand ich auch das Tourismusinformationsbuero um kurz vor 12, wo es geschlossen haette. Neben Infos ueber eine Unterkunft kaufte ich mir noch eine Wanderkarte, da mir wieder ein kleines Stueckchen fehlte. So fuehle ich mich einfach sicherer. Vor allem, da morgen die lange Etappe bevorsteht und es nachmittags gewittern soll!

Blick hoch aus Biasca... ein seltsamer Anblick.
Das erste Hotel im Zentrum war mir zu teuer. Ueber 80 € haette das gekostet. Also ging ich weiter zum Bahnhof und bin im Hotel Nazionale fuer ca. 61 € untergekommen. Billiger geht's wohl hier nicht mehr. Nach dem Einzug ins Zimmer ging ich gleich zum Supermarkt und deckte mich mit O-Saft, Wasser, Limo, Rivella, Wurst, Kaese und Semmeln aus [ein]. Im Zimmer futterte ich dann meinen Thunfischsalat, den ich schon ewig mitschleppte. Als Loeffelersatz schnitt ich mir etwas Loeffelaehnliches aus der 1/2 Liter leeren Wasserflasche, fuer die ich mir auch Ersatz kaufte. Die Semmeln passten zusammen mit einer Dose Fleisch auch gut dazu. 3 neue Kulis kaufte ich auch, um nicht ohne Schreibzeug zu sitzen wenn der alte Kuli leer ist. Gestern ist mir naemlich schon wieder ein Kuli leergelaufen. Nach Duschen und Waesche waschen (Heute inkl. der kurzen und langen Hose) suchte ich noch einen Shop, in dem ich mir noch eine extra Speicherkarte fuer meine Kamera kaufen konnte und war auch erfolgreich, als mir auf italienisch der Weg erklaerte wurde. Allerdings interpretierte ich eher die Gesten der Frau als das Italienisch zu verstehen :-)

Mal wieder chaotische Verhaeltnisse im Hotelzimmer
Zum Essen gab es Spaghetti Bolognese und 1/2 Liter Mineralwasser. Die Nudeln werden mir fuer morgen hoffentlich Energie geben. 2000~HM nach oben stehen an. Jetzt ist es auch schon fast 22 Uhr und hier auf 300~HM ist es immer noch schweinewarm. Hinzu kommt, dass der herrliche Wind von heute Nachmittag ausgesetzt hat :-(. Den laedierten Schlappen habe ich auch provisorisch mit Nadel und Faden repariert. Das sollte hoffentlich bis Tourende reichen.