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Freitag, 13.8.2010

Tag 66 - Paesse trennen nicht, sondern verbinden

Bonne → Cap. Margherita → Lago di S. Grato → Col du Mont → Le Monal → Chenal
Abmarsch am Morgen.
Nachdem ich Gestern noch meinen Wein fertig austrank und ins Zimmer ging, entfernte ich noch in aller Ruhe den Rest des Zehernagels, der nur noch vom Nagelbett gehalten wurde. Damit kann jetzt der neue ungehindert nachwachsen. Nach 2 weiteren Folgen einer Serie ging ich schon ins Bett. Schon bevor der Wecker um 6:45 klingelte, war ich wach und fing das Packeln in aller Ruhe an. Ein Blick in den Himmel erfreute schliesslich auch mein Wanderherz: Bis auf ein paar Woelkchen war blauer Himmel angesagt. Das Fruehstueck war auch endlich wieder seit langem gut. Frisches Brot gab es zwar nicht, dafuer aber frische Vanilleschnecken und Crossaints. Cornflakes waren auch noch mit am Start und so fing ich wieder mal das Fressen an. Anders ist das schon nicht mehr zu beschreiben. Waehrend ich an dem einen Teil esse, bereite ich bereits das Naechste zur Vernichtung vor und ass zwischendurch auch noch die Cornflakes. Das nenne ich optimiertes Fressen, bei dem keine Minute verschwendet wurde. Zum Abschluss gab es noch 2 Becher von irgendeinem Saft und ich zahlte das Zimmer und die Getraenke. Abmarschfertig war ich erst kurz nach 8 Uhr, aber der Himmel passte ja soweit.

Der Weg verlief teilweise auf wunderhuebschen kleinen Pfaden.
Da ich bereits oberhalb des Staudammes war, sparte ich mir heute 100 Meter Aufstieg, was mir natuerlich wg. dem spaeten Fruehstueck ganz recht war. Allerdings ging ich die erste halbe Stunde eine andere Route als die Via Alpina. Erst mal hatschte ich ein paar Minuten die Strasse weiter entlang, bis ein Wegweiser eine Schotterstrasse nach rechts oben verwies. Statt aber immer dem Strassenverlauf zu folgen, ging der Wanderweg oft direkt hoch und kreuzte somit immer wieder die Strasse. In der Kompass Karte waren sowohl die Strasse als auch der Wanderweg falsch eingezeichnet, aber das wunderte mich nicht mehr, Hauptsache ich komme schnell voran und die Beschilderung sagte mir ja den schnellsten Weg.

Die verfallene (?!?) Alm kurz vor dem Verlust des Weges.
Mit viel morgentlicher Energie stuermte ich so hoch und hatte schon bald die ersten 400 HM hinter mir mit einem schoenen Blick auf die andere Talseite. Auf dieser Seite sah ich auch viele Autos bei einer Alm herumstehen. Vermutlich scheppern hier sehr bald viele Leute herum, also nix wie weiter. Um den Berg herum sollte mich der Weg fuehren. Wie ich spaeter feststellte, waere die Via Alpina direkt ueber den Sattel gegangen, was aber auf's Gleiche rauslaufen duerfte. Teils steil ansteigend, teils eben verlaufend, lief ich auf der Talseite entlang und war sogleich bei der naechsten Alm, die leider kurz vor dem Verfall ist. Viele Gletscher bedeckten hier die benachbarten Berge, was mich doch etwas verwunderte. Auf einer solch geringen Hoehe haette ich weit weniger erwartet, aber was soll's. Hauptsache, mein Weg ist frei von dem Zeug!

Mein "Wanderweg" ging hier gerade aus.
Ab der Alm wurde mein Weg etwas verwunderlich. Zuerst war der Wanderweg noch deutlich zu erkennen, bis er sich auf einmal aufsplittete, aber nirgendswo eine Markierung zu sehen war. Hmm... Was nun? Da der Wanderweg lt. Karte (auf dem, was man erkennen konnte) zuerst etwas runter ging und dann wieder hoch, um sich mit dem Wanderweg zu vereinen, der ueber den Pass von vorhin gegangen waere, beschloss ich kurzerhand wieder mal querfeld ein zu laufen. Ab und zu irgendwelchen Trampelspuren folgend, um das Laufen zu erleichtern und ab und zu einfach ueber das unebene und steindurchsetzte Gras laufend lief ich so vor mir her und war unglaublich froh, das ich nicht im Nebel unterwegs war. Sonst haette ich weiter runter gemusst. Nach einer gefuehlten Ewigkeit der Weglosigkeit stiess ich endlich wieder auf einen Wanderweg und zwar genau an der Stelle, an der er sich aufspaltete. Perfekt getroffen :-).

Endlich wieder eine Markierung.
In der Ferne konnte ich schon den Pass sehen mit 2 schoenen Schneefeldern drin. Der war vor ein paar Wochen sicher noch richtig kraeftig von Schnee bedeckt. Jetzt verlief der Weg aber erst mal nicht Richtung Pass im Westen sondern etwas aufsteigend ein gutes Stueck nach Norden zu einem See, wonach er wieder herunterfuehrte um dann wieder hoch zum Pass zu gehen. Die ganze Zeit zum See quaelte mich die Frage, warum man nur diesen doofen Umweg gehen sollte. Meter um Meter zog sich auch dieser Weg hin. Links sah ich den Fluss mit samt seiner Wasserfaelle plaetschern, die beide vom See gespeist wurden. Beim Anblick des Sees waren dann alle Fragen wie ausgeloescht. Von 3 Seiten war er von steilen Haengen eingeschlossen und diese spiegelten sich auf seiner Oberflaeche wieder. Ja. Das hat sich definitiv rentiert, hier hoch zu gehen.

Der sehenswerte See.
Ueber eine kleine Betonbruecke querte ich den Fluss, lief an dem Haeuschen S. Grato vorbei (was auch immer das sein soll) und runter ging es auf der anderen Seite des Flusses. Einer Herde Kuehe begegnete ich auch mal wieder und wurde erstes Mal live Zeuge davon, wie ein Bulle eine Kuh besprang. Das arme Viech! Vorbei und neben den kleinen Wasserfaellen runter, die ich schon von der anderen Seite sah, ueberquerte ich den Fluss ueber ein kleines steinernes Bruecklein und den gleichen Fluss wenig spaeter nochmal ueber eine Bruecke. Jetzt fing endlich der endgueltige Aufstieg zum Pass an, der ueber 500 HM abverlangte. Schwer war der Aufstieg freilich nicht mehr. Nach ueber 2 Monaten Training ist das fuer mich mehr ein Spaziergang, aber auch nur, weil ich mir sicher sein konnte, dass das Wetter noch bis mind. der [/zur] Ueberschreitung halten wird. Erst dann kann ich entspannen.

Und gleich nochmal ein Bild davon.
Die 2 Wanderer vor mir hatte ich schnell eingeholt, welche mich an meine katastrophalen Wanderanfaenge vor 4 Jahren erinnerten. Statt mit konstantem Tempo und in aller Ruhe zu laufen, ging die Frau nach einer Ruhepause sehr schnell und war sogleich wieder kaputt. Bei einem weiteren Haus, bei dem schon das Dach eingestuerzt war, ging ich den steilen Pfad einfach weiter hoch. Der Pass war schon deutlich zu sehen - mitsamt ein paar Leute und einer Suppe, die den Pass immer mehr verdeckte. Statt direkt unter dem Pass die Schneefelder durch einen freien Weg zwischendurch zu ueberwinden, stieg ich etwas hoeher, um das eine Feld zu queren. Darauf hatte ich jetzt sakrisch Lust und sogleich stand ich auf dem Pass, wo mir eine Wolke jede Sicht nahm.

Ueber die Bruecke und dann hoch!
Nichts desto Trotz dachte ich an die Ueberschrift von diesem Eintrag, die ich aus dem Via Alpina Guidebook uebernahm. Mit all dem Historischen ueber Kriegsfronten, Schmugglern und vielem Anderen dachte ich bisher bei Paessen auch immer an eine trennende Eigenschaft. In Wirklichkeit aber verbinden solche Paesse 2 voneinander getrennte Gegenden, was mir auch besser gefaellt. Etwas Weiteres freute mich auch ungemein: Ich bin fuer viele weitere Etappen weg von Italien, was jetzt sehr wichtig ist, da in 2 Tagen alle Kinder in Italien Ferien haben werden und dann in Italien die Hoelle los ist. Wieder einmal hoffe ich. Dieses mal, dass die meisten Italiener in ihrem Land Urlaub machen. Falls alle Stricke reissen, habe ich ja immer noch mein Zelt dabei :-). Das war aber der Hauptgrund, warum ich so viele Etappen in den letzten Tagen zusammengelegt habe. [Ich glaube jetzt, dass ich sie auch ohne diesem Grund zusammengelegt haette.]

Wieder mal ein verfallenes Haeusle vor dem Uebergang. Oben lauert schon die Suppe auf mich :-(.
Am Pass nahm mir immer noch eine Wolke [die Sicht] und so stieg ich halt einfach ab. Weiter unten tummelten sich keine Wolken mehr, sodass die Sicht schnell besser werden sollte. Mit vielen Zick-Zack Wegen ging ich runter. 600 HM mussten geschafft werden, die wie im Flug vorbei waren. Mehr gibt es darueber auch nicht zu schreiben. Ausser vllt., dass die Huette frueher kam, als erwartet. Dort fand ich auch eine Badewanne vor, bei der ich das Wasser mit einem Finger testete. Brrr... zu kalt zum Baden. In der Huette stand ich dann um 12:15. [Fuer] Den Hatsch, der ueber 6 Stunden dauern sollte, habe ich nur knapp ueber 4h gebraucht. Gut. Die ersten 100 HM fielen weg, aber das ist trotzdem ziemlich schnell.

Kurz vor dem Pass hatte ich einen wunderbaren Blick zurueck.
In der Huette angekommen, bestellte ich mir erst mal ein Bier, ohne viel mehr zu sagen. Der Wirt hat mich dann darauf angesprochen, ob ich derjenige bin, der gestern angerufen hat. Alle waren sehr freundlich und sprachen auch Englisch. Das erste Bier war schnell weg und ich bestellte mir gleich eine zweite 0,33 l Dose. Ich war etwas unruhig. So frueh schon ankommen und hier bleiben, wenn das naechste Etappenziel doch nur 3h entfernt ist? Dann fragte ich ganz vorsichtig nach, ob ich vllt. die Reservierung von gestern zuruecknehmen koennte, weil ich viel schneller als gedacht war. Da meinte die Frau, dass das ueberhaupt kein Problem sei und sie dafuer Verstaendnis hat. Perfekt! Also geht es weiter. Zuvor wollte ich aber noch meinen Hunger stillen und fragte nach einem belegten Baguette oder etwas aehnlichem. Darauf hin bekam ich ein geiles fettes Teilstueck Brot, in das richtig fette Scheiben Kaese gelegt waren. Ja leck. Da war mein Kiefer auf Anschlag, um das reinzubekommen.

Das "Schmankerl" Schneefeld beim Pass.
Nur war das Bier schon wieder alle und ich wollte ja nicht durstig weitergehen. Die dritte Dose spuerte ich dann schon deutlich, aber viel hoch und runter ging es ja nicht mehr, nur noch in die Laenge. Ich waere wie schon bei manch anderen Huetten gerne geblieben, da ich mich sofort wohl fuehlte, aber das Laufen geht vor. So machte ich mich fertig, verabschiedete [mich] und startete los. Nach 10 Metern fiel mir auf, dass irgendetwas seltsam war. Ah! Meine Wanderstoecke. Als ich gerade wieder durch die Tuer eintreten wollte, brachte man mir schon meine Stecken entgegen. Jetzt aber!

Da ging's irgendwo runter.
Neu gestartet hatschte ich erst mal einen kleinen Pfad entlang, der ueber eine huegelige Landschaft und ueber kleine Baeche hinweg ging. Ganz sicher war ich mir nicht, ob das ein Wanderweg war. Nur dass er sehr ausgetrampelt war, wiess darauf hin. Schon beim Abstieg waren die Wegweiser spaehrlich. Bei einer kleinen Gruppe von Haeuschen vorbei kam ich schon bald in einen Wald, wo der Pfad auf einem breiten Weg endete. Dieser Weg fiel ueber 2 km leicht ab, bis wieder ein Wegweiser bestaetigte, dass ich richtig war und mir die neue Richtung nach "le Monal" anzeigte. Die HM, welche ich die letzten Minuten herunter ging, wollten jetzt wieder reingeholt werden. Dementsprechend ging es hoch, teilweise sehr langsam, 2x sehr steil aber kurz. Die Beschilderung leistete soweit auch gute Arbeit. Jedenfalls dann, wenn man wie ich eine Karte dabei hatte.

Sandwich + Bier
Dann kam ich auch bei der Kapelle St-Guerin heraus, wonach ein normaler Schotterweg weiterging. Die Sonne schien jetzt sehr stark herunter. Keine Wolke hatte Erbarmen mit mir und die Baeume waren nur vereinzelt vorhanden, weshalb ich in deren Schatten die kleinen Trinkpausen einlegte. Ueber die Haelfte dieser Etappe war schon geschafft und bei der naechsten Haeusergruppe in l'Arpettaz angekommen, ging die Strasse steil herunter, bis wieder ein Wanderweg abzweigte, wo ich mich tatsaechlich verlief: Ca. 10 Meter nach vielen Wegweisern zeigte ein farbiges Schild nach rechts weg, wo ich davon ausging, dass es alle Wege in diese Richtung betrifft. Tat es aber nicht :-(. Viel machte das aber nicht aus. Die Richtung dieses Verlaufers stimmte in etwa, nur dass er staendig leicht abstieg. Nach ein paar Minuten fiel mir mein Fehler auch auf, aber ich lief auf dem Weg einfach weiter. Er kam [lt. Karte] auf einer Schotterstrasse heraus, die ich vorbei an einem Parkplatz wieder nach oben lief und in l'Echaillon wieder auf dem richtigen Weg war.

Der kleine Pfad.
Jetzt war es nicht mehr weit und das Schoenste an diesem Teilbereich der Etappe ab der Huette erwartete mich. Der Weg ging durch eine idyllische Landschaft entlang eines Flusses in das [/dem] auch [das] idyllische Dorf "Le Monal" [liegt], das eigentlich Endziel der Etappe waere, aber nicht fuer mich. Mir wurde naemlich empfohlen, noch ein bisschen nach Chenal weiter zu gehen, da die Unterkunft dort viel besser sein soll. So liess ich mir von der Wirtin bei der vorigen Huette gleich einen Platz telefonisch reservieren. Schliesslich ist Wochenende! Das schnuckelige Dorf verliess ich ueber einen Trampelpfad nach Le Combaz, wo eine Strasse weiter herunterging. Die eine Kehre, die ich gehen sollte, kuerzte ich aber ueber die Wiese ab und war bei der Unterkunft in Chenal.

Der Schotterweg der durch die herrliche Landschaft kurz vorm Ende der heutigen Etappe fuehrte.
Meine Haxen taten schon maechtig weh. Mit dem Verhatscher hatte ich die 30 km sicher wieder voll gemacht. die HP kostete zwar 40 €, aber da ich mein eigenes Zimmer habe, ist das schon o.k.. Dann setzte ich mich erst mal auf die Terrasse und trank ein Schweppes um etwas herunter zu kommen. Es war schliesslich wieder ein langer Weg. Dann begann das Standardprogramm: Duschen und Waesche waschen, wobei ich meine Socken nach 3 Tagen immer noch nicht wusch. Einen Tag halten die schon noch durch. Das Trocknen der Socken nimmt einfach viel Zeit.

Le Monal
Das Abendessen war seit langem von sehr hohem Niveau und von gut buergerlicher Kueche. Zuerst gab es Salat mit Erbsen, Kartoffeln und gut buergerlicher Kueche. Zuerst gab es Salat mit Erbsen, Kartoffeln und viel anderem Zeug, das in einer guten Salatsosse lag. Dazu frisches (!!!) Brot. Der Hauptgang bestand aus zerschnippelten Bandnudeln, die in einer Kaese-Sahne-Sosse gebacken wurden. Dazu eine wuerzige angegrillte Wurst. Als Dessert eine Kugel Vanilleeis, eine halbe eingelegte Birne und bisschen heissen Schokoladenpudding. Alles schoen angerichtet. Es ist schon schlimm, dass in Hotels die Koeche mir [Restalk?] sehr oft etwas vorgesetzt haben, dass geschmacklich weit unter dieser exzellenten Hausmannskost liegt.

Noch den kleinen Pfad und ein paar HM weiter runter und ich war am Endziel.
Morgen soll es Nachmittags regnen. Ich will wieder 2 Etappen zusammenlegen, wobei diese kleiner sind als die heutigen. Wegen dem Zusammenlegen brauche ich morgen aber noch einmal einigermassen gutes Wetter, da ich ueber einen Pass auf ueber 2700 HM muss. Es gibt noch einen Grund zu feiern: Fuer die naechsten Wochen muss ich keine Kompass Karte mehr anfassen. Juhuu!!!