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Samstag, 7.8.2010

Tag 60 - Mont Blanc

Salvagny → Le Lignon → Refuge d'Anterne Alfred Willis → Col d'Anterne → Refuge de Moede Anterne
Mein Zeltplatz - sauber aufgeraeumt.
Um halb 1 kam ich bereits bei der Huette an, die auch das Endziel der Etappe war. Die Nacht war auch einigermassen erholsam. Was will man mehr? Oh ja! Einen Schlafplatz habe ich auch!

Nach dem gestrigen gute-Nacht-Bier spielte ich auf meinem Handy noch ein Lied ab und bereitete mein Schlafgemach vor. Mit dem Rucksack und dem ausgebreitetem Geraffel war gerade noch Platz fuer mich drin. Wie schon vor der Wanderung geplant, benutzte ich mein langaermliges Oberteil als Kopfkissen. Das Rauschen des Wasserfalls oder des Flusses in der Naehe war auf einmal sehr laut. Das Zelt isolierte kein einziges Geraeusch. Grillen zirpten vor sich her und hier und dort liess der Wind etwas herum rascheln. Nachdem mein Koerper den Schlafsack einigermassen aufgewaermt hatte, schlief ich auch endlich ein. Auf der Thermarest Matte und dem Untergrund lag es sich auch fast so weich wie auf meiner heimischen Matratze. Hm ja... meine Matratze daheim im Elternhaus. Auf die freue ich mich schon sehr, genauso wie auf das Herumgammeln und Nichts tun, das in den Tagen nach der Ankunft gemacht wird.

Die anderen Camper
Ein- oder zweimal wachte ich auf, drehte mich um und schlief gleich wieder ein. Gegen 6 Uhr frueh wurde es dann auch draussen hell und ich wachte endgueltig auf, stellte aber fest, dass hier drinnen alles sehr feucht war. Auf dem Innenzelt hingen Wassertropfen und auch sonst war alles eher nass und klamm. Um 6:40 stand ich dann auch auf. Laenger liegen zu bleiben bringt ja sowieso nix. Also zog ich erst mal die Socken an, dann die Zipperhose und mein Kopfkissen. Erst mal erleichterte ich mich, putzte meine Zaehne und mit dem Wasser bei dem Haeuschen, das ich gestern in abgekochter Form zum Kochen benutzte und begann mit dem Fruehstueck. [Oder anders herum?!?] Das Baguette, Kaese und eine Nektarine warteten noch auf deren erfolgreiche Vernichtung. Mei hat das gut geschmeckt. Frischer Kaese und frisches Baguette! Dann noch frisches Obst. Daran koennte ich mich gewoehnen. Zu trinken gab es noch ein O-Saft-Mineralwasser Gemisch, das ich gestern uebrig liess. Die 2 Baenke vor dem Haeuschen stellte ich noch zur Kellertuer rein. Darum wurde ich gestern noch von der Verwandschaft gebeten.

Der Wasserfall, den ich vom Zeltplatz aus betrachten konnte.
Dann ging's an das Rucksackpacken. Erst mal musste alles raus vom Zelt, da das Zelt eines der ersten Dinge ist, die [/das] in den Rucksack musste. Das Zelt selbst war noch sehr sehr nass aber dagegen konnte ich jetzt sowieso nichts tun. Also einfach einpackeln und rein in den Rucksack, genauso wie die anderen Sachen und der Muell kam oben mit drauf. An eines hatte die Frau aus dem Atellier nicht gedacht: Zelten hier ist ja wirklich schoen, aber ohne Zugang zum Haus gab es auch keine Moeglichkeit eine Toilette fuer das grosse Geschaeft zu nutzen. Eigentlich musste ich ja ganz dringend aber das wollte ich ihrem Grundstueck ohne greifbaren Spaten nicht antun. Vllt. finde ich ja weiter oben bei einem Parkplatz oder bei einer der eingezeichneten Einkehrmoeglichkeiten eine passende Gelegenheit. So startete ich um 7:30 Uhr - und damit relativ frueh aber wg. den ungewissen Einkehrmoeglichkeiten war ja auch nicht klar, ob ich heute wieder mein Zelt aufschlagen musste.

Irgendwo von dahinten bin ich gestern hergekommen.
Erst mal ging ich auf dem gegenueberliegenden Weg des Sees entlang, auf dem gestern noch ein paar Motocrossraeder gerast sind und schon war ich wieder auf dem offiziellen Wanderweg und der Via Alpina. Die Sonne kam noch nicht ueber die Berge, weshalb ich noch mit dem langen Oberteil lief. Der Weg hatte oft etwas mit einer Autobahn gemeinsam. Hier fand ich auch andere Camper an, die allerdings erst mit dem Aufstehen beschaeftigt waren. Mit viel Druck am Hintern lief ich schnell weiter. Viel dachte ich auch an den Muell, den ich mit mir herum schleppte. Vor allem das halbe Glas Bolognese Sauce, dass ich unbedingt loswerden will. Nicht nur wg. dem Gewicht sondern auch wg. dem Glas, das beim Zerbrechen eine unglaubliche Sauerei im Rucksack hinterlassen wuerde. Oft kreuzte der Wanderweg die Fahrstrasse, von der bereits viele Leute Nutzen machten. Das kann ja was werden.

Der 2-te Wasserfall.
Dann kam ich beim Wasserfall vorbei, den ich gestern bei meiner "Unterkunft" anschauen konnte. Das hat schon was, direkt davor zu stehen. Den See und meinen Campingplatz konnte ich dann auch von der Ferne anschauen. Mich wundert es dass es bei dem kleinen schilfbewachsenen See fast keine Muecken gab. Und auch, dass der Kuli so lange haelt. Die Kulis vom Supermarkt haben wohl mehr Schreibfluessigkeit drin. Die ganze Zeit ueberlegte ich mir schon, meinen Rucksack abzuwerfen und in die Buesche zu gehen. Lange Zeit zog sich deshalb der "Aufstieg" zum roten Haeuschen [in der Karte] mit 300 HM hin.

Blick zurueck auf meine "Unterkunft"
Nach einer Wiese und wieder einem Parkplatz stand ich endlich vor der Einkehrmoeglichkeit... und die hatte zu. Fix! Scheiss drauf... und zwar auf den Waldboden. Meinen Rucksack und meine Kamertasche legte ich einfach auf eine Treppe und stiefelte mit meiner halben Rolle Klopapier in die Praerie. Yeeeeeha! Hier konnte mich zwar jeder sehen, weil keine brauchbaren Buesche herumstanden aber mir war's egal. Gluecklicherweise fand ich hier auch eine grosse Muelltonne, bei der ich mich des ganzen Muells entledigen konnte, was sicher 1 kg ausmachte, da auch der Rest der O-Saft Schorle zum Muell gehoerte. Das restliche halbe Paeckchen Nudeln behielt ich aber noch. Jetzt war ich wieder der "alte" Wanderer, der bis auf das nasse Zelt nur seinen Standardmuell mit dabei hatte.

Endlich wieder ein Murmeltier - bei Regen wollen die auch nicht raus.
Der Wanderweg ging jetzt etwas mehr als 1 km an der Felswand vorbei, um an deren Ende auf dem Weg wieder in die andere Himmelsrichtung zu laufen, der ueber der Felswand war. Diese Wand konnte ich gestern beim Campen auch schon gut bestaunen, auch wenn sie nur 200 - 300 HM hoch war. Viele Leute ueberholte ich, die wohl alle bis zum Parkplatz mit dem Auto gefahren sind. Nur einer schaffte es, auch mich zu ueberholen: Wieder mal ein Berglaeufer. Der hatte aber auch ein Wahnsinnstempo drauf. An seinen Wadeln befand sich kein Gramm Fett und jeder Muskelstrang war zu sehen. Mit seinem Tempo koennte ich auch nicht ohne Rucksack mithalten. An der Spitze des V-foermigen Teils konnte ich einen wunderschoenen Wasserfall bestaunen: "Cascade de la Sauffaz". Aha. Lt. meinem Woerterbuch ist Cascade ein Wasserfall. In vielen kleinen Stufen fiel das Wasser steil herunter, weshalb ich bei cascade erst an Kaskadierung dachte.

Weiter oben ging's ein gutes Stueck auf gleicher Hoehe weiter bis zur Huette.
Der Weg ging jetzt wieder ueber der Felswand "zurueck", wobei ich mehr und mehr einen besseren Ausblick auf das Tal bekam, von dem ich hoch ging. Die Sonne war jetzt auch hoch genug gestiegen... aeh nein... Die Erde hat sich weit genug gedreht, dass mich die Sonne anscheinen konnte :-). Da faellt mir beim Anschauen der Bilder ein, dass ich erst hier auf "meinen" Campingplatz schauen konnte. Vorbei an dem Stahlgeruest fuer die Stromleitungen, das ich auch vom kleinen See sehen konnte, erblickte ich auch die erste Einkehrmoeglichkeit, die um diese spaetere Uhrzeit sicher schon geoeffnet hatte. Erst ging es aber noch ein kleines Stueck runter und ueber einen Fluss neben dem es sich auch andere bequem gemacht hatten. Hier waere es sicher auch schoen gewesen, allerdings haette ich das ganze Essen und Trinken mit hochschleppen muessen und mit dem Rest waere das sicher nicht angenehm gewesen. Ich werde mal schauen, ob ich ein Pesto o. ae. aus der Tube fuer die restlichen Nudeln herbekommen kann.

Auch diese Transportmoeglichkeit waere ganz schoen - aber nach meinem "Puristenkodex" unzulaessig :-(
Murmeltiere sind immer rarer geworden, je mehr ich nach Frankreich gekommen bin. Hier stand dann aber doch eines direkt vor mir und nur ein paar Meter entfernt. Jeden Moment wird es das piepsen anfangen, aber nichts war. Die Tiere hier scheinen echt an den Menschen gewoehnt zu sein. Leider sah ich immer noch keine jungen Murmeltiere aber das wird schon noch werden. Weit ueber ein Monat hatsche ich ja noch herum - wenn alles gut geht. Beim Alfred Willis kehrte ich dann ein. Die fast 1000 HM waren im Nu geschafft.

Links ging's am See vorbei, dann hinten zur Scharte hoch.
Ich fuehlte mich stark und kraeftig ohne irgendwelche Mangelerscheinungen wegen dem Camping zu verspueren wie ich es befuerchtet habe. Bei der Huette bestellte ich mir dann ein Omlette mit Wurst und Kaese. So ein Omlette hatte mich schon vor 2 Tagen super aufgebaut. Dazu noch 2 Dosen Cola e voila: Mein Mittagessen. Hat wie erwartet super geschmeckt. Naechstes Mal nehme ich aber mal was anderes. Ca. eine halbe Stunde hielt ich mich dort auf, dann ging ich weiter. 400 HM waren noch zum Pass zu machen und evtl. musste ich von der Huette dahinter ueber 4 h zur Naechsten weiterlaufen.

Der erste Blick auf den Mont Blanc
Nach ca. 100 HM Aufstieg wunderte ich mich dann doch ueber den Wegverlauf, weil ich erwartete ueber den Pass zu steigen, den ich auf dem Restweg zur Huette etwas links von mir sah. Karte und Kompass sagten mir dann aber, dass das ueberhaupt kein Pass war. Wieder beruhigt erblickte ich nach weiteren 200 HM den See Anterne zusammen mit einem Haufen anderer Wanderer und Schafe. Hier ist wirklich viel los. Und alle laufen sie selbst hoch ohne eine Gondel zu nehmen. Hoffentlich bleibt das so in Frankreich! Links am See entlang sah ich auch bald den wirklichen Pass ueber den ich heute drueber musste. Die restlichen 200 HM waren natuerlich nur ein Klacks fuer mich und schon stand ich auf dem Pass mit dem ersten richtigen Blick auf den Mont Blanc. Hmm. Wie soll ich schreiben... ich war eigentlich sehr enttaeuscht. Da haette ich mir wirklich mehr erwartet. Vermutlich lag es an der flachen Spitze und dass ich seit Wochen so viele schneebedeckte Berge gesehen habe, dass mich so ein Anblick nicht mehr von den Socken haut.

Sonnenuntergang bei der Huette
Vom Pass aus konnte ich auch schon die Huette sehen, zu der ich schnell die 200 HM herunterschepperte. Dort fragte ich nach einer Unterkunft. Einen Platz haette die noch. Dann fragte ich , ob sie die Nummer vo Le Flechere haben, weil die Nummer im Guidebook nicht funktionierte. Sie hatten aber nur die gleiche Nummer und meinten, dass es noch 5 - 6 Stunden zu laufen waere. Das brachte mich dazu, dass ich gleich hier blieb. Spaeter fand ich raus, dass die 4h, 10 Minuten im Guidebook doch richtig waren, aber jetzt war's mir auch schon egal: Ich durfte meine Waesche in ihrer Waschmaschine waschen!!! Das haette ich auch nicht gedacht. Ich ging fest davon aus, dass ich das Zeug mit der Hand waschen muesste oder eine Waschmaschine im Tal nehmen muesste, aber jetzt wurde meine ganze Waesche mal durchgewaschen (fast alles, bis auf meine Jogginghose und das schwarze T-Shirt).

Die Englaender mit denen ich den Grossteil des Abends verbrachte.
Mein Zelt haengte ich auch zum Trocknen auf. Eine Dusche gab's fuer auch fuer 2 € [Zuviel Bier?]. Alle sind wieder mal sau freundlich. Hier spricht auch fast jeder Englisch, was sehr praktisch ist. Ich wurde sogar schon fuer einen Ami gehalten wg. meinem Englisch :-). [Vllt. auch nur, weil ich was unverstaendliches vor mir hergenuschelt hab - eben typisch Ami :-).] Morgen wird ein sehr harter Tag. Ich will 2 Etappen zusammenlegen, die zusammen mehr als 30 km ausmachen. Zum Abendessen gab's Kaesefondue. Das hatte ich bisher auch noch nicht, aber naechstes mal werde ich wohl wieder Nudeln mit irgendwas nehmen. Meine kleine Wunde am rechten Daumen hat heute sogar zum Bluten angefangen. Zum schmerzfreien Gehen habe ich aber nur noch ein weiteres Blasenpflaster in der richtigen Groesse. Ich haette auch nicht gedacht, dass ich das fuer nicht-Blasen brauchen werde.