Zu Tagebuch Eintrag
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Mittwoch, 25.8.2010

Tag 78 - Im Herzen der Alpen

Rif. Genova Figari → Colle di Fenestrelle → Colle di Finestra → Refuge de la Madone Fenestre → Pas du Mont Colomb → Refuge de Nice
Dank dem fruehen Aufstehen konnte ich fast gaenzlich im Schatten aufsteigen.
Der Morgen liegt schon wieder so weit zurueck, dass ich mich kaum an ihn erinnern kann. Dafuer aber an den heftigen Auf- und Abstieg zur letzten Huette, auf dem dieses Mal keine "Strasse" zu finden war. Doch dazu spaeter.

Vor dem Bett gehen holte ich mir noch eine weitere Dose Bier und schaute noch eine weitere Folge einer feinen Serie :-). In der Nacht wachte ich dann auf. Mein Ruecken schmerzte furchtbar! Vllt. ist da was verkrampft. Der Schmerz war bald wieder weg. Eines aber wusste ich jetzt sicher: Ich muss einen Gang runter schalten. Sonst komme ich nicht mehr heil in Monaco an und es waere schade, wenn ich wg. einem Bandscheibenvorfall ausscheiden wuerde. Den Wecker, der um 6:30 Uhr klingelte, schaltete ich auch gleich weiter. Gegen 7 Uhr war ich dann alleine beim Fruehstuecken. Das Brot war mal wieder lapprig und 1 oder 2 Tage alt, aber ich stopfte mir wieder mal viel rein. Das, was fuer 2 Leute an dem Tisch vorbereitet wurde, verputzte ich fast alleine.

Trotz Hochsommer lag auch hier oben noch ein Reststueck Schnee.
Erst um 8 Uhr begab ich mich auf in meinen neuen Wandertag. Mein Ruecken schmerzte auch nicht, ich fuehlte mich nicht mehr so fertig wie gestern und alles schien einfach gut zu sein. Der Himmel war wieder einmal klar, kein Woelkchen war zu sehen. Ich bin einfach so unglaublich froh, dass das Wetter genau jetzt passt. Bei den Paessen ist vor allem bei Gewitter nicht zu spassen. So wie ich bisher oft Pech bei entscheidenden Stellen hatte und sogar einmal abbrechen musste, scheint jetzt das Glueck mit mir zu sein und mich ungehindert schnell nach Monaco kommen laesst.

Das gegenueberliegende Joch lag ja fast auf gleicher Hoehe auf der ich mich jetzt befand. Aber viele viele HM runter standen noch bevor.
Die Schotterstrasse auf die ich gestern hergelaufen war, ging ich jetzt wieder ein kleines Stueck zurueck. Beim Blick auf den Pass ueber den ich gestern gekommen war, war ich einfach nur froh, dass ich heute dort nicht mehr rueber muss, aber eben ueber den Naechsten. Nur 450 HM waren zu machen. Mit hohem Tempo schepperte ich wieder hoch. Die Sonne war noch immer hinter dem Berg versteckt, sodass ich in der Morgenkuehle Vollgas geben konnte. Heute wollte ich 2,5 Etappen schaffen, was aber nicht so viel war wie es sich anhoert, auch wenn ich dazu 3 Paesse zu packen hatte.

Auch der Weg zum naechsten Pass wurde auf einmal sehr steinig.
Ueber eine mir mittlerweile gut vertraute Steinlandschaft ging der Weg bald und war auch als Weg zu erkennen. Besonders heftig fand ich das bockelharte Schneefeld, das ich queren musste. Und das um diese Jahreszeit! Das war schon mehr Eis als Schnee. Auf dem Pass war ich dann in Windeseile oben, wo mich sowohl ein kleiner Tuempel als auch wieder ein kleines Schneefeld erwartete. Dann konnte ich schon einen Blick ins andere Tal werfen, nachdem ich ueber den kleinen etwas tiefer gelegenen Huegel gegangen bin. Sowohl die Huette als auch der naechste Pass ueber den ich heute gehen werde war zu sehen. Der Abstiegsweg hatte auch eine groessere Steigung aehnlich dem Aufstieg. Trotzdem nutzte ich ein paar Abkuerzungen um die Sache etwas zu beschleunigen.

Auch hier war schnell klar, dass es bei diesem Pass wieder um Gebietssicherung ging.
So waren die 600 HM auch schnell erledigt. Natuerlich schmerzten mir auch bei diesen paar HM die Fuesse schon wieder etwas, aber egal. Die Moeglichkeit, bei der Huette einzukehren, liess ich aber bleiben. Es war dazu einfach noch zu frueh, ich hatte nicht das Gefuehl schon etwas geschafft zu haben. Der Weg hoch zum Pass lag auch noch teilweise im Schatten und die Zeit eilte auch etwas. Eine Pause von einer halben Stunde wollte ich mir da nicht leisten. So ging's gleich weiter hoch zum Pass, der sich auf fast gleicher Hoehe befindet wie der von dem ich gerade heruntergekommen war. In gemuetlichen Kehren zog sich auch dieser Weg mal wieder nach oben mit dem Unterschied, dass die hier angelegten Wege bei diesem Pass wieder einmal fuer militaerische Zwecke bestimmt waren. Vorbei an einem weiteren Schneefeld sah ich mehr und mehr Befestigungseinrichtungen. Ja wie schoen. Oben am Pass tummelten sich schon viele Leute, die aber von der anderen Seite hochgelaufen sind. Auf der schien naemlich einerseits schon die Sonne, andererseits gab es einen See auf halber Hoehe.

Ein Badesee fuer viele, die's hier hoch schafften.
Auf dem Pass angekommen genehmigte ich mir dann eine Pause, machte eine der Dosen Wurst auf, knabberte dazu das mittlerweile in kleinen Stuecken vorliegende Knaeckebrot und verputzte auch die Haelfte meiner letzten Ritter Sport Schokolade "Weisse Nuss". Zu trinken gab's den halben Liter "Notwasser", dass ich jetzt eher nicht gebrauchen werde. So sass ich oben, futterte vor mir her und schaute die vielen Franzosen und Italiener an, die ueber den Pass kamen. Ich glaube schon, dass mich jeder um mein Fressi Fressi beneidet hat :-). Nach den 15 Minuten sicherlich verdienter Pause ging's an den Abstieg. Die 200 HM zum See waren schnell geschafft und auch die weiteren 350 HM ueber einen bis zuletzt steinigen Weg waren schnell hinter mir. Fuer mich sieht fast jeder Weg gleich aus. Ich hab wohl zu viel gesehen. Aber etwas Neues, Unerwartetes gab es heute noch.

Beim Aufstieg zum naechsten Pass mussten auch mal die Haende genutzt werden.
Bei der Huette unten im Talbereich kehrte ich dann auch ein. Es war gerade kurz vor 1 Uhr und damit beste Zeit, meine Reserven mit einem gscheiten Essen aufzuladen. Insgesamt 2 Dosen O-Saft, 2 Dosen Cola und ein leckeres Kaese-Schinken Omlette verputzte ich. Mit Ueberschreitung des Passes war ich auch wieder in Frankreich und ueber den guenstigen Preis von unter 14 € ueberrascht. Was ich aber in Frankreich gar nicht mag ist der Umstand, dass das Mineralwasser hier schweineteuer ist, aber das Ganze hatte ich ja schon mal erwaehnt.

So kann auch ein Wanderweg aussehen.
So brach ich erst um halb 2 auf zur naechsten Etappe und den naechsten Pass, zu dem ich wieder mal nur 600 HM tot zu schlagen hatte. Dieses Mal aber eher abenteuerliche 600 HM. Erst mal musste ich noch etwas runter um ueber eine Bruecke den Fluss zu ueberqueren. Dann stand schon der [Weg zum] Pass an. Anfangs noch umzingelt von Gruenflaechen befand ich mich bald schon wieder in einer Steinlandschaft in der schon bald immer oefters kein Weg sichtbar war. Nur die rot-weissen Markierungen geben Hinweise, wo es hingeht. Vor mir hatte ich bald 2 Wanderer, die exakt mein Tempo liefen, wobei ich nebenher noch Pausen zum Fotografieren einlegte. So musste ich dem Weg nicht viel Aufmerksamkeit schenken sondern lief im Eiltempo dem Paerchen hinterher.

Sackrisch steil war dieser Uebergang - und das auf beiden Seiten.
Eine Kraxelpassage war sogar auch mit dabei! Dann schepperte ich den beiden weiter hinterher, die sich auch mal an einer Abkuerzung versuchten, wo ich aber auf dem markierten Weg schneller war. Beim See blieben die beiden dann, um eine Runde schwimmen zu gehen, wie ich von weiter oben sehen konnte. Nach viel, viel weiteren Blocksteinen und Markierungen ging's schon wieder ueber ein kleines Schneefeld, wonach ein Weg die restlichen paar HM in vielen steil ansteigenden Kehren nach oben zum Pass fuehrte. Die Via Alpina hebt sich wohl das Beste bis zum Schluss auf...

Nach dem Pass: Nichts als Geroell.
Von dem Pass ging's jetzt wieder sehr steil herunter bis es ueber einen nur durch Markierungen gelegten Weg wieder einmal ueber viel Blockgestein weiter herunter ging. Dieser Weg hatte schon aufgrund dieses nicht existierenden Weges sein gewisses Etwas. Ich stellte mir vor, dass es so mit den blauen Wegmarkierungen in der Schweiz sein muesste. Die gehen auch ohne Weg irgendwo entlang. Nachdem ich bei einer schwierigen Stelle im Nachhinein eine Markierung beim Umdrehen fand, dass das nicht der Weg gewesen waere, war ich schon sehr froh als ich wieder auf einem sichtbaren Weg weiter bergab gehen konnte.

Rechts im Bild: Die Idyllisch am See gelegene Huette.
Unten angekommen mit einem schoenen Blick das Tal entlang ging es noch ein kleines Stueck bergauf zum Damm und dann den See entlang, an dessen gegenueberliegendem Ende schon die Huette in dieser herrlichen Lage auf mich wartete. Vor mir lief noch jemand dick bepacktes mit einer Kraxn hoch, der wohl noch etwas Nachschub fuer die Huette holte. Ganz sicher ein paar Partyfaesser von deutschem Bier :-). In der Huette angekommen bezog ich erst mal meinen Lagerplatz und huepfte unter die Dusche, bei der nach 3 Minuten Duschzeit kein Wasser mehr kam, meine Fuesse aber noch voller Seife waren. Fix! Wie ich das hasse! Die Seite spuelte ich mir dann im Waschbecken restlich weg. Dann ging's ans Waesche waschen, wo meine kurze Hose heute auch wieder an der Reihe war. Ich glaub aber, dass die bis Morgen wieder nicht trocken wird.

Abends zog wieder alles zu.
Vom Essen wurde ich jetzt das erste Mal so richtig in Frankreich negativ ueberrascht. Erst gab's eine geschmacklose Suppe, dann geschmacklose Nudeln mit geschmacklosen Goulasch und als Nachspeise einfach Apfelmus. Das ist nicht fein. Es gibt einen guten Grund dafuer, warum hier das Gebirge so steil ist: Die tektonischen Platten sollen hier aufeinander prallen. Hier soll der Ursprung der Alpen liegen, von dem sich aus alles aufwoelbt. Das erklaert diese ungewoehnliche Steilheit so kurz vor dem Meer.

Morgen stehe ich wieder frueh auf und will bis 7 Uhr unterwegs sein um uebermorgen zu einer grossen Tour passend starten zu koennen.