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Donnerstag, 9.8.2010

Tag 62 - Blasen und wieder 2 Etappen

Trient → Bovine → Champex → Som la Proz → Fornex → Liddes → Bourg-St.-Pierre
Wieder mal war ein frueher Start angesagt
Auf 7 Uhr hatte ich mein Fruehstueck bestellt, zu dem ich mit ein paar Minuten Verspeaetung auch erschien. Viel Schlaf hatte ich ja nicht. Das Fruehstueck war ueberraschend vielseitig. Gutes Brot, Marmelade, Cornflakes, verschiedener Kaese und meine heisse Schocki. Beim Bezahlen fand ich's aber wirklich schlichtweg beschissen, dass ein Umrechnungskurs von 1,22 verwendet wurde. Aber was soll's. Lange bin ich (leider) nicht mehr in der Schweiz. Waere hier alles etwas billiger, wuerde ich gerne noch etwas laenger bleiben. Die Verspaetung zum Fruehstueck hatte auch einen Grund: Irgendein Vollpfosten hat fuer 15 Minuten das Bad blockiert und kam dann splitternackt heraus. Was macht man denn bitte schoen splitternackt vor einem Waschbecken und einer Toilette?!? Raetsel der Via Alpina, die wohl nie geloest werden...

Der Pass, den ich nach ca. 30 Minuten erreichte.
Kurz vor 8 Uhr brach ich dann wieder einmal auf. Alles lag hier noch im Schatten, die Sonne war noch von dem Gebirge verdeckt. Erst mal musste ich 200 HM zu dem "Pass" machen, zu dem die meiste Zeit ein leicht aufsteigender Wanderweg ging. So ging's flott hoch bis ich die Strasse das Reststueck (mit einem kurzen Abstecher ueber's Feld) hoch zum Pass kam. Hier war mal wieder soviel los, dass ich nur noch weg wollte. Es ist hier so voll in der Frueh! Also relativ voll :-). Schnell ging ich weiter, den Wanderweg nach Bovine folgend. Weitere 400 HM standen auf der Tagesordnung, die sich aber etwas hinzogen. Durch den Wald verlief der Weg manchmal gar nicht, manchmal flach und dann wieder steil. Bald ueberholte mich wieder einmal ein Berglaeufer. Viel Energie hatte ich heute nicht. Wenig Schlaf und zum Abendessen nur ein Omelette. [Meine normale Ration waeren 3 Omelettes gewesen!] Da war nicht viel drin. Sogar ein ziemlich fitter Wanderer zog an mir vorbei, der allerdings 10 Minuten spaeter eine Pause machte.

Das Tal, dass ich vor nur ein paar Tagen von rechts oben nach links oben durchwanderte.
Mitten in einem duenn besetzten Wald weideten dann auch noch die komplett schwarzen Kuehe. Das Problem daran war, dass die so sehr an Menschen gewoehnt waren, dass sie sich nicht verscheuchen liessen. Nicht einmal sanfter Druck brachte etwas, um sie aus dem Weg zu schieben. So musste ich den Weg umlegen. Sowas ist mir auch noch nicht passiert. Eine Kuh blockiert den Weg. Noch ein "bisschen" ging es hoeher und ich war erst mal bei "La Giete", einer Alm, die ein paar Blicke auf das Gebirge von diesem Berg zulies. Mehr als 1 km und ein paar HM weiter stand ich endlich am hochsten Punkt dieser Etappe und auch vom ganzen Tag. Die Huetten zur Alm Fontaine konnte ich schon von weitem sehen und 10 Minuten spaeter und Kuehen die sich endlich wieder aus dem Weg scheuchen liessen, war ich bei der Alm, die sich mit viel Biertischgarnituren auf viel Besuch eingerichtet hatten. Ich liess diese Einkehrmoeglichkeit aber links liegen. Ich hatte noch viel vor mir.

Auch hier gab's ein bluehendes Pflanzenmeer.
Von hier oben genoss ich noch schnell den Ausblick, bei dem mir erst jetzt auffaellt, dass er rueber zum Berg war, von dem ich vor vielen Tagen heruntergescheppert bin. [Das war in der Tat ein seltsamer Anblick nach tagelangem Hatsch und vor allem einem Hatsch in Regen inkl. Zecken - nur um im Kreis zu laufen :-).] Jetzt hat die Kreislauferei bis kurz vor Monaco auch ein Ende :-). Der Abstieg zog sich wieder einmal laenger hin als gedacht, was wohl an den gestrigen Strapazen liegen koennte. Viele viele andere Wandersleute kamen mir entgegen. Teils ging der Weg ueber Steine herab, ab und zu einen Bach ueberquerend, teils ueber hoch feuchten Dreck. Der Weg macht bei Regen sicher doppelt soviel Spass :-).

Die eine Einkehr in der Ferne und der hoechste Punkt der heutigen Tour.
Als nach 600 HM Abstieg der Wanderweg zu einer Schotterstrasse wurde, sah ich auch 2 der schwarzen Kuehe miteinander kaempfen. Tja. Die haben wenigstens eine andere Beschaeftigung gefunden, als den ganzen Tag zu fressen. Alle Wege zogen sich heute ewig lange hin, genauso wie dieser Autobahnhatsch. Schliesslich kam ich bei "Champex d'en Bas" heraus, einem Vorort von Champex. Oh. Ein kurzes Stueck Wanderweg fuehrte mich von der Autobahn weg zu dem Vorort hin. Hier moechte ich auch gerne ein Haus haben. [Ich sollte in Immobilien entlang der Via Alpina investieren.] Es ist hier furchtbar idyllisch. Ein Fluss der durch fliesst, das wunderschoene Gebirge rings herum und die Stille. Hinzu kommt noch, dass heute den ganzen Tag ueber ein blauer Himmel war. Der Nachteil: Die Sonne schlug regelrecht auf mich ein. Auch in dem Vorort hat sich eine Einkehr angeboten, aber ich musste schnell weiter.

Die kaempfenden Kuehe
Nach einem kleinen Teilstueck Strasse, das ich einem auf franzoesisch geschriebenen Wegweiser zu verdanken hatte, kehrte ich beim Campingplatz ein. Ein Bier und ein Sprite kaufte ich mir dort. It's Radler Time!!! Zum Futtern verputzte ich noch das restliche Brot vom Supermarkt. Genau... hatte ich vergessen: Gestern kaufte ich mir auch noch ein Brot und ein bisschen Salami um den ersten Hunger zu ueberwinden. Brot, etwas von der schon lange mitgeschleppten Wurst und den restlichen Kaese verputzte ich. Mei war das wieder lecker! Zum Nachtisch stopfte ich mir noch die Haelfte der 200 g Schocki rein. Dann verarztete ich die Blasen an meinen Fuessen. Schon gestern bemerkte ich, dass die Haut an meinen Fersen Wellen wirft und jetzt hatte ich die Bestaetigung, dass der gestrige Hatsch einfach zuviel war. Also gab es auf die schon offenen Blasen an den Fersen Compeed, das mit weiteren Klebestreifen fixiert wurde. So sollte das fuer's Erste halten.

Champex
Die Etappe waere hier schon zu Ende gewesen, doch es war erst wie geplant kurz nach 12 Uhr. Also hiess es mit frisch aufgeladenen Sauf- und Fresszellen weiter zu laufen. In Champex lief ich dann etwas die Strasse am See entlang. Auch der See hatte etwas wunderschoenes an sich mit seinem klaren Wasser und der sich darin spiegelnden Umgebung. Fuer die Besitzer von Hotels muss das hier oben eine wahre Goldgrube sein. Froehlich vor mir herstapfend folgte ich der Beschilderung nach Orsieres und wenn eben keine Aufschrift mit Orsieres war, der Tour de Mont Blanc (TMB). Die ersten paar HM Abstieg machte ich mir noch keine grossen Gedanken darueber, alles schien zu passen. Aber nach 100 HM war ich mir sicher, falsch zu sein. Es war zwar die Ortschaft angeschrieben, aber mit einem Umweg. Zefix!!! Muss das denn sein. Diese Scheiss TMB Schilder. Als ob es nix anderes zum Ausschildern geben wuerde! [Z. B. einen bayrischen Biergarten in dem es Obazdn und eine gscheite Mass Bier gibt!] Aber einen Alternativweg ohne nach Orsieres zu muessen, hatte ich auch schon ausgemacht. Einer Sache erfreute ich mich dann sehr: Die TMB Schilder wiesen in eine andere Richtung als meine. Endlich war Licht am Ende des Tunnels der ueberlaufenen Routen zu sein.

Der langgezogene Wanderweg das Tal entlang.
Sehr steil ging der Schotterweg dann runter, bis er in einem kleinen Dorf heraus kam. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung von weiteren 200 HM und ich war in "Som la Proz", dem tiefsten Punkt der heutigen Tour. 2 Stunden waren dort nach Liddes angeschrieben. Ueber eine Bruecke gelangte ich wieder auf eine kleine Schotterstrasse, die leicht aufstieg und nach ein paar Minuten war ich wieder auf der Via Alpina unterwegs. Der Weg zog sich so unglaublich lange hin, dass ich oft das Gefuehl hatte, mich auf der Stelle zu bewegen. Nach einer gefuehlten Ewigkeit und wohl einer 3/4 h Gehzeit war ich in Fornex, wo sich bald ein richtiger Wanderweg durch den Wald gehend abspaltete und gegen Ende ueber einen kleinen Bach fuehrte. Bald stand ich mal wieder vor einem Wegweiser, bei dem irgend ein Vollpfosten das Schild nach Liddes in die falsche Richtung gebogen hatte. Ja zefix. So richtete ich das mal wieder. Allmaehlich kann ich mich ein bisschen als Via Alpina Wegewart fuehlen.

Auch bei dieser Bruecke galt: Besser als keine Bruecke :-)
Ein paar Minuten spaeter war ich dann bei Liddes und lief in den Dorfkern rein. Irgendwo musste es hier etwas zu Trinken geben und ich wurde bei einem kleinen Cafe fuendig, wo ich mir in bestem fraenkisch-franzoesisch ein Bier und eine Cola bestellte. Als ich dann meinen linken Fuss anschaute, wurde es mir ganz komisch. Die Blase war trotz abtapen sichtbar. Das Pflaster war verrutscht und viel rot war zu sehen. Wuah. Also riss ich einfach das ganze Papp Zeug weg. Ich wunderte mich schon, warum das die ganze Zeit so weh tat. Jetzt klebte ich auf die offene Blase erst mal ein neues Compeed Pflaster. So wollte ich aber auf keinen Fall mehr in meine Wanderschuhe. Erst mal bestellte ich mir ein neues Bier. Das hilft oft und hier sind die ja nur 0,33 Liter gross. [Also ist das ueberhaupt kein Bier!]

Das vorletzte Dorf.
Nach dem Bezahlen entschloss ich mich dazu, bis auf weiteres auf die Wanderschuhe zu verzichten und meine Schlappen zu verwenden. Bisher hatte der Weg schon viel mit einer Autobahn gemeinsam und wenn es doch schlimm wird, konnte ich immer noch in meine Wanderschuhe schluepfen oder auf der Strasse hoch laufen. Jetzt war es genau anders herum: Strasse hui, Wanderweg pfui. Aber der Wanderweg war gluecklicherweise eine halbe Strasse mit ein paar Ausnahmen. Die Naht, die ich beim Schuh vor langem erneuert hatte, hielt soweit auch prima. Nur die groben Schottersteine schmerzten ab und zu, da die Schlappen ja wirklich die billigsten vom Billigsten waren. Es lief sich richtig bequem in den Schlappen! Ich denke sogar darueber nach, mir in der naechst groesseren Stadt gscheite, dafuer aber auch schwerere zu kaufen, weil diese hier bald keine Sohle mehr haben. Die haben soweit auch ihren Dienst exzellent erledigt.

Links oben verlief die Strasse, ich aber konnte fernab von dieser die herrlichen Wanderwege hatschen.
Ueber jeden kleinen Wald, ja sogar jeden Baum, der mir Schatten spendete, freute ich mich sehr. Die Sonne brannte immer noch und ein Schatten fuehlte sich so an, als ob ich im Kuehlschrank stehen wuerde. Bald kam ich endlich im Zielort Bourg-St-.Pierre an, wo ich beim ersten Hotel erst mal einen Preis anfragte. 61 Franken fuer ein Zimmer mit Etagendusche und -WC. Dann fand ich etwas weiter eine Unterkunft mit Matratzenlager fuer 30 Franken. Perfekt! Das nahm ich dann auch. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein richtiges Zimmer fuer mich allein hatte. Im Matratzenlager das 2 Haeuser weiter lag, duschte ich mich erst mal. Das ausgeschwitzte Salz an meinem T-Shirt war im Brustbereich bereits zu einem festen Material geworden.

Meine "Fuss"-Retter
Dann kratzte ich mir den Zeckenbiss auf und fuhrwerkte mit einer Nadel darin herum um einen moeglichen Kopf zu suchen, nur fand ich nix. Desinfiziert und mit Bepanthen versorgt werde ich das jetzt die naechste Zeit in Ruhe lassen. Beim Campingplatz in der Naehe kaufte ich dann noch Getraenke ein. Beim Hotel bei dem ich den ersten Preis anfragte, hatte ich noch kostenlosen Internetzugang, sodass ich meine Eltern erreichen konnte um zu erfahren, dass der Zeckenkopf auch in den meisten Faellen von alleine heraus eitert. Cool. Ein eiternder Wanderer scheppert auf der Via Alpina herum. Vom saufen und rauchen kann da nur noch schwer die Rede sein. Es war sicher schon mehr als 2 Wochen her, dass ich viel getrunken oder geraucht hatte. Zum Abendessen nahm ich die HP, die als Vorspeise Salat mit irgendeinem Wurstkuchen hatte. Hauptspeise war ein Braten mit Pommes und Gemuese. Zum Schluss noch irgendetwas Suesses, Eis aehnliches, das aber nicht kalt war sondern wie gutes Eis wie vom Italiener schmeckte. Alles in allem ein gelungenes Menue.

Immerhin ging's etwas abseits der Hauptstrasse.
Wenn ich mir die 2 Kompass Karten anschaute, die ich ab uebermorgen benutzen werde, graust es mir jetzt schon. Auf denen ist topografisch rein gar nichts zu erkennen. Morgen wird es ein chilliger Tag, an dem es nur ca. 4 h zum Pass hoch geht. Der Pass auf dem ganz beruehmte Hunde gezuechtet werden. Doch dazu morgen mehr.